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European Case Law Identifier: ECLI:EP:BA:2005:G000204.20050525
Datum der Entscheidung: 25 Mai 2005
Aktenzeichen: G 0002/04
Vorlageentscheidung: T 1091/02
Anmeldenummer: 92305862.2
IPC-Klasse: C12Q 1/68
Verfahrenssprache: EN
Verteilung: A
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Fassungen: OJ
Bezeichnung der Anmeldung:
Name des Anmelders: F. HOFFMANN-LA ROCHE AG, et al.
Name des Einsprechenden: (1) Akzo Nobel N.V.
(2) Vysis Inc. .
Kammer: EBA
Leitsatz: I. a) Die Einsprechendenstellung ist nicht frei übertragbar.
b) Eine juristische Person, die bei Einlegung des Einspruchs eine Tochter der Einsprechenden war und die den Geschäftsbetrieb weiterführt, auf den sich das angefochtene Patent bezieht, kann nicht die Einsprechendenstellung erwerben, wenn ihre gesamten Aktien an eine andere Firma übertragen werden.
II. Wenn bei Einlegung einer Beschwerde aus berechtigtem Grund Rechtsunsicherheit darüber besteht, wie das Recht hinsichtlich der Frage des richtigen Verfahrensbeteiligten auszulegen ist, ist es legitim, dass die Beschwerde im Namen der Person eingelegt wird, die die handelnde Person nach ihrer Auslegung als richtigen Beteiligten betrachtet, und zugleich hilfsweise im Namen einer anderen Person, die nach einer anderen möglichen Auslegung ebenfalls als der richtige Verfahrensbeteiligte betrachtet werden könnte.
Relevante Rechtsnormen:
European Patent Convention 1973 Art 58
European Patent Convention 1973 Art 99(1)
European Patent Convention 1973 Art 105
European Patent Convention 1973 Art 107
European Patent Convention 1973 Art 108
European Patent Convention 1973 Art 112(1)(a)
European Patent Convention 1973 Art 114(2)
European Patent Convention 1973 Art 134
European Patent Convention 1973 R 20
European Patent Convention 1973 R 60(2)
European Patent Convention 1973 R 61
European Patent Convention 1973 R 64(a)
European Patent Convention 1973 R 65(2)
European Patent Convention 1973 R 88
European Patent Convention 1973 R 101(1)
European Patent Convention 1973 R 101(4)
Schlagwörter: Zulässigkeit der Vorlage (bejaht)
Übertragung der Einsprechendenstellung – freie Übertragbarkeit (verneint) – Übertragung an die Tochtergesellschaft, in deren Interesse der Einspruch eingelegt wurde (verneint)
Berichtigung des Beschwerdeführers entgegen der wirklichen Absicht (verneint)
Hilfsantrag zur Person des Beschwerdeführers bei Rechtsunsicherheit
Orientierungssatz:

Angeführte Entscheidungen:
G 0004/88
G 0009/91
G 0010/91
G 0008/92
G 0009/93
G 0001/97
G 0003/97
G 0003/99
J 0016/94
J 0027/94
T 0563/89
T 0659/92
T 0670/95
T 0298/97
T 0097/98
T 0964/98
T 0711/99
T 0009/00
T 0715/01
T 0854/02
Anführungen in anderen Entscheidungen:
G 0001/12
G 0001/13
J 0037/03
J 0038/03
J 0017/12
T 0147/00
T 0416/00
T 1071/00
T 0136/01
T 0561/01
T 1086/02
T 1091/02
T 0207/03
T 0293/03
T 0345/03
T 0503/03
T 0956/03
T 1178/04
T 0006/05
T 0108/05
T 0659/05
T 0675/05
T 0677/05
T 0724/05
T 1421/05
T 0426/06
T 0875/06
T 1081/06
T 1206/06
T 1324/06
T 0391/07
T 0500/07
T 0993/07
T 1668/07
T 1697/07
T 0384/08
T 0445/08
T 0737/08
T 0960/08
T 1588/08
T 1790/08
T 1877/08
T 1145/09
T 1284/09
T 1938/09
T 1982/09
T 0128/10
T 0284/10
T 0518/10
T 1032/10
T 0184/11
T 0577/11
T 2136/11
T 0545/12
T 0854/12
T 1138/12
T 2357/12
T 1729/13
T 0615/14
T 0194/15
T 0219/15

Sachverhalt und Anträge

I. Mit ihrer Entscheidung T 1091/02 (ABl. EPA 2005, 14 – Nachweisverfahren/HOFFMANN-LA ROCHE) legte die Technische Beschwerdekammer 3.3.4 der Großen Beschwerdekammer folgende Rechtsfragen vor:

1 a) Ist die Einsprechendenstellung frei übertragbar?

1 b) Falls die Frage 1 a) zu verneinen ist:

Kann eine juristische Person, die bei Einlegung des Einspruchs eine 100%ige Tochter der Einsprechenden war und die den Geschäftsbetrieb weiterführt, auf den sich das angefochtene Patent bezieht, die Einsprechendenstellung erwerben, wenn ihre gesamten Aktien von der Einsprechenden an eine andere Firma übertragen werden und die an dieser Transaktion beteiligten Personen der Übertragung des Einspruchs zustimmen?

2. Falls die Frage 1 a) oder b) zu bejahen ist:

a) Welche Formerfordernisse sind zu erfüllen, bevor die Übertragung der Einsprechendenstellung zugelassen werden kann? Ist es insbesondere erforderlich, den Sachverhalt durch lückenlose Beweisunterlagen zu belegen?

b) Ist eine Beschwerde, die von einer angeblichen neuen Einsprechenden eingelegt wird, unzulässig, wenn diese Formerfordernisse nicht vor Ablauf der Frist für die Einreichung der Beschwerdeschrift erfüllt werden?

3. Falls die Fragen 1 a) und b) zu verneinen sind:

Ist eine Beschwerde zulässig, wenn die Beschwerdeschrift zwar im Namen einer nicht beschwerdeberechtigten Person eingereicht wird, hilfsweise aber beantragt wird, die Beschwerde als im Namen der beschwerdeberechtigten Person eingereicht zu betrachten?

II. Im Verfahren, das zur Vorlage führte, waren zwei Einsprüche im Namen von Akzo Nobel N.V. und Vysis Inc. eingelegt worden. Nach Zurückweisung der Einsprüche wurde am 25. Oktober 2002 im Namen von bioMérieux B.V. Beschwerde eingelegt. Es wurde vorgebracht, dass bioMérieux B.V. mittlerweile Eigentümerin des Geschäftsbereichs Diagnostik von Akzo Nobel N.V. sei, auf den sich der Einspruch beziehe. Als Vorsichtsmaßnahme für den Fall, dass die Beschwerde im Namen von bioMérieux B.V. für unzulässig befunden würde, wurde beantragt, die Beschwerde als im Namen von Akzo Nobel N.V. eingereicht zu betrachten.

In einer beigefügten Erklärung wurde erläutert, dass der Geschäftsbereich Diagnostik der Akzo Nobel in ihrer Tochtergesellschaft Organon Teknika B.V. zusammengefasst gewesen sei. Infolge einer Umstrukturierung innerhalb von Akzo Nobel N.V. sei mit Wirkung vom 30. Juni 2001 eine Vereinbarung geschlossen worden, den Geschäftsbereich Diagnostik der Organon Teknika B.V. von Akzo Nobel N.V. auf bioMérieux S.A. zu übertragen. Den Einspruch habe Akzo Nobel N.V. im Interesse ihres europäischen Geschäftsbereichs Diagnostik eingelegt, der für sie von ihrem Unternehmensbereich Organon Teknika B.V. geführt worden sei. Die gesamten Aktien der Organon Teknika B.V. seien auf bioMérieux S.A. übertragen worden, die nunmehr 100%ige Eigentümerin der Organon Teknika B.V. sei, deren Namen jetzt bioMérieux B.V. laute.

III. Vorlageentscheidung

Die Kammer 3.3.4 ging von der Prämisse aus, dass die in der ständigen Rechtsprechung formulierten Erfordernisse für eine Übertragung der Einsprechendenstellung nicht erfüllt seien. Es liege keine Gesamtrechtsnachfolge vor, die in Regel 60 (2) EPÜ und in der Entscheidung G 4/88 (ABl. EPA 1989, 480 – Übertragung des Einspruchs/MAN, Nr. 4 der Entscheidungsgründe) als Grundlage für die Übertragung eines Einspruchs anerkannt sei. Auch handle es sich nicht um eine Übertragung des Einspruchs als Zubehör eines Vermögensteils des Unternehmens des Einsprechenden im Sinne von G 4/88 (a. a. O., Nr. 6 der Entscheidungsgründe). Selbst wenn der Verkauf und die Übertragung von Aktien einer rechtlich eigenständigen Firma durch das Mutterunternehmen an einen Dritten als Übertragung des Geschäftsbetriebs dieser Firma gelten könnten, wäre der Erwerber bioMérieux S.A. und nicht die später in bioMérieux B.V. umbenannte Organon Teknika B.V. gewesen, die die Beschwerde eingelegt hatte.

Die Kammer 3.3.4 war aber dennoch der Auffassung, dass die Sachlage, so wie sie von der Beschwerdeführerin dargestellt wurde, der Situation ziemlich ähnlich sei, in der die Große Beschwerdekammer in G 4/88 die Übertragung der Einsprechendenstellung zugelassen hatte, und sich von dieser nur in der Unternehmensstruktur des Einsprechenden unterscheide. Die Kammer hielt es für angebracht, die der bisherigen Rechtsprechung zu Grunde liegenden rechtlichen Annahmen näher zu betrachten, denen zufolge

– die Einsprechendenstellung grundsätzlich nicht frei übertragbar ist und

– die Sachlage in G 4/88 lediglich eine eng begrenzte Ausnahme von diesem Grundsatz darstellt, die nicht ausgedehnt werden sollte.

Nach Prüfung der Sache neigte die Kammer 3.3.4 dazu, eine Übertragung der Einsprechendenstellung zuzulassen, wenn der ursprüngliche Einsprechende seinen Anteil an der Tochtergesellschaft, auf deren Geschäftsbetrieb sich der Einspruch bezieht, verkauft und übereignet. In Anbetracht der abweichenden Rechtsprechung der Beschwerdekammern hielt sie es jedoch für erforderlich, die Große Beschwerdekammer mit dieser Frage zu befassen.

Sollte die Große Beschwerdekammer bioMérieux B.V. nicht als beschwerdeberechtigt im Sinne des Artikels 107 EPÜ ansehen, ergäbe sich die weitere Frage, ob dem Hilfsantrag stattzugeben und die Beschwerde somit im Namen von Akzo Nobel N.V. weiterzuverfolgen sei. Der letztere Antrag könne auch als bedingter Antrag auf Berichtigung des Namens der Beschwerdeführerin aufgefasst werden. Dies werfe die Frage auf, ob die Angabe des Beschwerdeführers als Mangel anzusehen sei, der nach Regel 65 (2) EPÜ beseitigt werden könne.

IV. Die schriftlichen Ausführungen der Beteiligten und ihr Vorbringen in der mündlichen Verhandlung vom 13. April 2005 lassen sich wie folgt zusammenfassen:

Zulässigkeit der Vorlage

Die Beschwerdegegnerin stellte in Zweifel, dass eine Entscheidung der Großen Beschwerdekammer im Sinne des Artikels 112 (1) a) EPÜ erforderlich sei, nachdem offensichtlich keine zulässige Beschwerde eingelegt worden sei.

a) Es liege kein Nachweis dafür vor, dass die Beschwerdeführerin/Einsprechende 01 beim Einlegen des Einspruchs und der Beschwerde ordnungsgemäß vertreten gewesen sei. In der Mitteilung zur Vorbereitung der mündlichen Verhandlung teilte die Große Beschwerdekammer den Beteiligten mit, sie habe zur Kenntnis genommen, dass die beim Einlegen des Einspruchs und der Beschwerde für die Beschwerdeführerin handelnden Personen zugelassene Vertreter seien, die im Regelfall keine Vollmacht einreichen müssten. In der mündlichen Verhandlung hielt die Beschwerdegegnerin ihren Einwand aufrecht, ohne auf diesen Punkt weiter einzugehen.

b) Zudem liege keine für eine zulässige Vorlage erforderliche zulässige Beschwerde vor, weil die Beschwerde nicht von einer im Sinne von Artikel 107 Satz 1 EPÜ beschwerten Person eingelegt worden sei. Mangels einer zulässigen Beschwerde könnten keine Hilfsanträge berücksichtigt werden. Die Beschwerdeführerin entgegnete, dass die Zulässigkeit nicht geprüft werden könne, ohne Hilfsanträge zu berücksichtigen. Die Beschwer sei zusammen mit der Beteiligtenstellung auf den Erwerber übergegangen.

Frage 1 a)

a) Die Beschwerdeführerin schlug vor, diese Frage wie folgt zu beantworten:

Einsprüche sollten in jedem Fall frei übertragbar sein.

In Bezug auf die materiellrechtlichen Erfordernisse für die Übertragung der Einsprechendenstellung stimmte die Beschwerdeführerin den Erwägungen der Vorlageentscheidung zu. Sie brachte vor, dass die Entscheidung G 4/88 (a. a. O.) in der späteren Rechtsprechung zu eng ausgelegt worden sei. In dieser Entscheidung gehe es um einen Einzelfall und nicht um allgemeine Anweisungen für die Übertragung der Einsprechendenstellung. Zwar stehe gemäß der Entscheidung G 3/97 (ABl. EPA 1999, 245 – Einspruch in fremdem Auftrag/INDUPACK) die Verfahrensbeteiligung nicht zur freien Disposition des Einsprechenden; allerdings heiße es darin auch, dass dessen Beteiligung am Einspruchsverfahren beendet werden könne, und dies bedeute, dass ein Dritter die Einsprechendenstellung erwerben könne.

Es sei die unternehmerische Entscheidung der Einsprechenden gewesen, alle Einsprüche unabhängig davon, zu welcher Tochtergesellschaft der jeweilige Geschäftsbetrieb gehörte, im eigenen Namen einzulegen. Es erscheine unangemessen, dass ein Einspruch, der von einem Unternehmen in Einklang mit seiner Geschäftspolitik eingelegt worden sei, nicht mehr übertragen werden könne, weil im EPÜ oder in der Rechtsprechung Vorschriften für die Übertragung vorgegeben würden, denen nicht entsprochen werden könne. In der mündlichen Verhandlung führte die Beschwerdeführerin den Fall T 563/89 (Entscheidung vom 3. September 1991, nicht im ABl. EPA veröffentlicht) an, bei dem in derselben Situation eine Übertragung zugelassen worden sei.

b) Die Beschwerdegegnerin schlug folgende Antwort auf die Frage 1 a) vor:

Eine freie Übertragung von Einsprüchen solle nicht zugelassen werden. Die Einsprechendenstellung könne nur übertragen werden, wenn mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit die Übertragung materiellen oder immateriellen Vermögens nach dem geltenden Recht eines oder mehrerer Vertragsstaaten nachgewiesen sei und der ursprüngliche Einspruch erkennbar dem Schutz des übertragenen Vermögens gelte und somit als mit diesem verbunden anzusehen sei. Eine solche Übertragung solle nur dann automatisch zur Übertragbarkeit der Einsprechendenstellung führen, wenn alle vom Einspruch geschützten Vermögenswerte übertragen worden seien.

Der Beschwerdegegnerin zufolge entspricht die vorgeschlagene Antwort den früheren Entscheidungen dieser Kammer zur Einsprechendenstellung, insbesondere G 4/88 (a. a. O.), beinhaltet aber einen etwas weiter gefassten Ansatz als G 4/88. Dieser Ansatz stelle für verschiedene mögliche Sachlagen angemessene Lösungen bereit und sorge für den notwendigen gerechten Ausgleich zwischen den Interessen des Beschwerdegegners, des Patentinhabers und der breiten Öffentlichkeit. Das Fehlen konkreter Vorschriften zur Eintragung des Rechtsübergangs von Einsprüchen liefere prima facie den Beweis, dass ein vollkommen freier und unabhängiger Rechtsübergang vom Gesetzgeber nicht vorgesehen sei. Die Beschwerdegegnerin zog in Zweifel, dass es der Großen Beschwerdekammer zukomme, eine neue Form der Übertragung eines Eigentumsrechts zu schaffen, die möglicherweise neue Verfahrensbestimmungen erforderlich mache.

Frage 1 b)

a) Die Beschwerdeführerin schlug vor, diese Frage wie folgt zu beantworten:

Falls die Frage 1 a) zu verneinen sei, solle die Frage 1 b) bejaht werden.

Als Begründung führte die Beschwerdeführerin im Wesentlichen dieselben Argumente an wie bei Frage 1 a). Zusätzlich brachte sie vor, dass ein Einsprechender eine etwaige Änderung seiner Unternehmensstruktur nicht vorhersehen könne.

b) Die Beschwerdegegnerin schlug folgende Antwort auf die Frage 1 b) vor:

Eine juristische Person, die bei Einlegung des Einspruchs zu 100 % der Einsprechenden gehörte (und die den Geschäftsbetrieb weiterführte, auf den sich das angefochtene Patent bezieht), könne nicht die Einsprechendenstellung erwerben, wenn 100 % ihrer Aktien von einem Dritten gekauft würden (und alle an dieser Transaktion beteiligten Personen der Übertragung des Einspruchs zustimmten).

Die Beschwerdegegnerin brachte vor, dass der Verkauf einer Tochtergesellschaft nur die Muttergesellschaft und den Dritten betreffe. Die Tochtergesellschaft sei Gegenstand der Übertragung und keine Beteiligte an der Transaktion. Somit könne sie nicht infolge der Übertragung die Einsprechendenstellung erwerben. Die Sachlage unterscheide sich wesentlich von derjenigen in G 4/88 (a. a. O.), wo der Geschäftsbetrieb, in Bezug auf den der Einspruch eingelegt worden sei, ein Unternehmensbereich ohne eigene Rechtspersönlichkeit gewesen sei. Eine Anwendung der Entscheidung G 4/88 auf die der Vorlageentscheidung zu Grunde liegenden Sachverhalte würde die Aufgabe des in G 3/97 (a. a. O.) aufgestellten Rechtsgrundsatzes erfordern, wonach die Verfahrensbeteiligung nicht zur freien Disposition des Einsprechenden stehe.

Frage 2 a)

a) Die Beschwerdeführerin schlug vor, diese Frage wie folgt zu beantworten:

Wenn aus der Sachlage klar hervorgehe, dass alle Beteiligten der neuen Situation zustimmten, seien lückenlose Beweisunterlagen nicht erforderlich. Reichten die Angaben in der Beschwerdeschrift nicht aus, um die Tatsachenbehauptung, dass der angebliche Beschwerdeführer der gemäß Artikel 107 EPÜ durch die Entscheidung beschwerte Verfahrensbeteiligte sei, mit hinreichender Wahrscheinlichkeit zu belegen, so solle eine Aufforderung der Kammer nach Regel 65 (2) EPÜ ergehen, weitere Beweismittel vorzulegen.

Hinsichtlich der Formerfordernisse für die Übertragung der Einsprechendenstellung brachte die Beschwerdeführerin vor, dass die eigentliche Übertragung der Vermögensbestandteile, deren Zubehör die Beteiligtenstellung sei, dem nationalen Recht unterliege und das EPÜ lediglich die Eintragung dieses Rechtsübergangs regle. Nach dem Grundsatz der freien Beweiswürdigung sollten entsprechende Erklärungen der betroffenen Beteiligten ausreichen.

b) Die Beschwerdegegnerin schlug folgende Antwort auf die Frage 2 a) vor:

Die tatsächliche Übertragung der Einsprechendenstellung müsse durch lückenlose Beweisunterlagen belegt werden.

Nach Ansicht der Beschwerdegegnerin sollten die Formerfordernisse der Regel 20 EPÜ soweit als möglich auf die Eintragung der Übertragung der Einsprechendenstellung angewandt werden. Dementsprechend müsse der Rechtsübergang dem EPA durch Vorlage von Urkunden nachgewiesen werden. Damit keine Nachforschungen über das Vorliegen eines angeblichen Rechtsübergangs angestellt werden müssten, wäre es sinnvoll, für den Nachweis eines Rechtsübergangs Urkunden zu verlangen, die den Anforderungen des jeweiligen nationalen Rechts entsprächen.

Frage 2 b)

a) Die Beschwerdeführerin schlug vor, diese Frage wie folgt zu beantworten:

Es sollte möglich sein, Beweisunterlagen auch nach Ablauf der Beschwerdefrist, beispielsweise auf eine Aufforderung der Kammer hin, einzureichen.

Im Hinblick auf den maßgeblichen Zeitpunkt solle die Einreichung von Beweisunterlagen für einen Rechtsübergang nicht anders behandelt werden als die Beseitigung eines Mangels nach Regel 64 a) EPÜ. In beiden Fällen sei eine gewisse Zeit nach Ablauf der Beschwerdefrist die Identität des Beschwerdeführers unklar. Selbst wenn die Regeln 64 a) und 65 (2) EPÜ nicht als Ausnahmen von dem Grundsatz gelten sollten, dass die Identität des Beschwerdeführers bei Ablauf der Beschwerdefrist bekannt sein muss, sei in der Rechtsprechung der Beschwerdekammern zugestanden worden, dass Fehler unterliefen und berichtigt werden könnten, solange klar sei, was beabsichtigt gewesen sei. Im vorliegenden Fall habe keine Unsicherheit darüber bestanden, wer der Beschwerdeführer habe sein können, weil der alte wie auch der neue Beschwerdeführer bekannt gewesen seien.

b) Die Beschwerdegegnerin schlug folgende Antwort auf die Frage 2 b) vor:

Wenn ein angeblicher neuer Einsprechender die Formerfordernisse vor Ablauf der Frist für die Einreichung der Beschwerdeschrift nicht erfülle, sei die Beschwerde unzulässig.

Nach Regel 20 (3) EPÜ werde ein Rechtsübergang erst und nur insoweit wirksam, als er dem EPA durch Vorlage von Urkunden nachgewiesen werde. Das Einspruchsrecht sei als ein Bündel einzelner Rechte anzusehen, die nur innerhalb bestimmter Fristen ausgeübt werden könnten. Im Interesse der Verfahrensgerechtigkeit und -sicherheit könnten diese einzelnen Rechte nur von der zum maßgeblichen Zeitpunkt im Register eingetragenen Person ausgeübt werden.

Frage 3

a) Die Beschwerdeführerin schlug vor, diese Frage wie folgt zu beantworten:

Die Frage 3 solle bejaht werden.

Bezüglich der Zulässigkeit der Beschwerde in Anbetracht des Hilfsantrags in der Beschwerdeschrift stimmte die Beschwerdeführerin der Vorlageentscheidung zu. Für den Patentinhaber bestehe keine Unsicherheit, weil er aus dem Hilfsantrag wisse, dass einer der beiden Beteiligten der Beschwerdeführer sein werde.

b) Die Beschwerdegegnerin schlug folgende Antwort auf die Frage 3 vor:

Eine Beschwerde könne nicht auf Grund eines Hilfsantrags im Namen einer beschwerdeberechtigten Person zulässig sein.

Zunächst erklärte die Beschwerdegegnerin, zur Frage 3 liege in der Rechtsprechung keine offensichtliche Uneinheitlichkeit vor, und implizierte damit, dass die Anforderungen für eine Vorlage dieser Frage nicht erfüllt seien. Auf jeden Fall solle die Frage verneint werden, weil Hilfsanträge nur von Personen eingereicht werden könnten, die zu Handlungen im Rahmen eines anhängigen, durch eine zulässige Beschwerde eingeleiteten Verfahrens berechtigt seien, was die eindeutige und vorbehaltlose Erfüllung der Formerfordernisse der Artikel 107 und 108 EPÜ sowie der Regeln 64 und 65 EPÜ voraussetze.

V. Die Einsprechende 02 als weitere Beteiligte am Beschwerdeverfahren verzichtete auf eine Stellungnahme.

VI. Von Dritten wurden keine Stellungnahmen eingereicht.

VII. Am Ende der mündlichen Verhandlung erklärte der Vorsitzende, dass die sachliche Debatte beendet sei und die Entscheidung schriftlich ergehen werde.

Entscheidungsgründe

1. Die Vorlage ist zulässig.

1.1 Die Einwände der Beschwerdegegnerin bezüglich der ordnungsgemäßen Vertretung der Beschwerdeführerin geben der Kammer keinen Anlass zu Bedenken.

1.1.1 Die Qualifikation der für die Beschwerdeführerin handelnden Personen musste nicht nachgewiesen werden. Ob jemand ein zugelassener Vertreter gemäß Artikel 134 EPÜ ist oder nicht, ist jederzeit aus der beim EPA geführten Liste ersichtlich, die der Öffentlichkeit in gedruckter und elektronischer Form zugänglich ist. Eintragungen, Änderungen und Löschungen werden im Amtsblatt des EPA veröffentlicht. Aus diesen Informationen geht hervor, dass die Beschwerde von einem zugelassenen Vertreter eingelegt wurde.

1.1.2 In der Regel ist ein zugelassener Vertreter nicht verpflichtet, eine Vollmacht einzureichen (Regel 101 (1) Satz 1 EPÜ in Verbindung mit dem Beschluss des Präsidenten des EPA vom 19. Juli 1991 über die Einreichung von Vollmachten, ABl. EPA 1991, 489). Der zugelassene Vertreter gilt mithin als berechtigt, im Namen der betreffenden Beteiligten zu handeln, es sei denn, er reicht eine Vollmacht nicht rechtzeitig ein, wenn er in einem besonderen Fall dazu aufgefordert wurde (Regel 101 (4) EPÜ).

1.2 Die anderen Einwände gegen die Zulässigkeit der Beschwerde betreffen die Vorlagefrage. Gewiss setzt eine Vorlage in der Regel eine zulässige Beschwerde voraus. Dies gilt jedoch nicht, wenn die Zulässigkeit der Beschwerde Gegenstand der Vorlagefrage ist (G 3/99, ABl. EPA 2002, 347 – Zulässigkeit eines gemeinsamen Einspruchs bzw. einer gemeinsamen Beschwerde/HOWARD FLOREY, Nr. 4 der Entscheidungsgründe, unter Bezugnahme auf G 8/92 vom 5. März 1993, nicht im ABl. EPA veröffentlicht, Nr. 3 der Entscheidungsgründe).

1.3 Die Fragen 1 und 2 werden zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsanwendung vorgelegt, nachdem – wie in der Vorlageentscheidung angeführt – keine eindeutige Rechtsprechung vorliegt.

Was die Frage 3 anbelangt, ist offensichtlich, dass es eindeutiger Rechtsgrundsätze bedarf, um festzustellen, wer am Verfahren vor dem EPA beteiligt sein kann (bezüglich des Einsprechenden s. G 3/99, a. a. O., Nr. 12 der Entscheidungsgründe). Es muss jederzeit während des Verfahrens feststehen, wer Verfahrensrechte wirksam geltend machen kann und wem gegenüber Amtshandlungen des EPA vorzunehmen sind. Somit ist die Frage, inwieweit Mängel in den Angaben über den Beschwerdeführer beseitigt werden können, eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung.

1.4 Die Beschwerdegegnerin brachte vor, dass eine Entscheidung der Großen Beschwerdekammer nicht erforderlich sei, da die Rechtslage angesichts der einschlägigen Bestimmungen des EPÜ und der bisherigen Rechtsprechung dieser Kammer eindeutig sei. Ein solcher Ansatz vermengt die verfahrensrechtliche Frage der Zulässigkeit der Vorlage mit der materiellrechtlichen Frage, wie die Vorlagefrage zu beantworten ist. Es besteht kein Zweifel, dass die Vorlagefrage für die Entscheidung in der ihr zu Grunde liegenden Sache maßgeblich ist.

2. Die Vorlageentscheidung enthält zwei Argumentationslinien zur Stützung der Zulässigkeit einer Übertragung des Einspruchs in der bestehenden Situation, aus denen sich die Fragen 1 a) und b) ergeben.

2.1 Frage 1 a) –

Freie Übertragbarkeit der Einsprechendenstellung?

2.1.1 Während in G 4/88 die Frage unbeantwortet blieb, ob die Einsprechendenstellung frei übertragbar ist (a. a. O., Nr. 5 der Entscheidungsgründe), bezog die Große Beschwerdekammer in G 3/97 hierzu wie folgt Stellung: “Seine Verfahrensbeteiligung steht nicht zur freien Disposition des Einsprechenden.” (a. a. O., Nr. 2.2 der Entscheidungsgründe; s. auch T 659/92, ABl. EPA 1995, 519 – Übertragung der Einsprechendenstellung/SCHWEISFURTH; T 670/95 vom 9. Juni 1998 – Zementzusammensetzung/SIKA, angeführt in “Rechtsprechung der Beschwerdekammern des EPA”, 4. Auflage 2001, VII.C.5 und VII.D.5.2; T 298/97, ABl. EPA 2002, 83 – Waschmittelzusammensetzung/UNILEVER, Nr. 5 ff. der Entscheidungsgründe). Es besteht kein Grund, von dieser Position abzuweichen.

Die Beschwerdeführerin versuchte, die Bedeutung dieser Aussage in G 3/97 einzuschränken, indem sie argumentierte, dass die Entscheidung die Möglichkeit einer Beendigung der Beteiligung des Einsprechenden offen lasse. Wie jeder Verfahrensbeteiligte kann der Einsprechende seine Beteiligtenstellung durch Rücknahme seines Einspruchs bzw. seiner Beschwerde oder durch Ausscheiden aus einer Gruppe gemeinsamer Einsprechender aufgeben. Nichts anderes ist mit dem vorstehend genannten Satz in G 3/97 gemeint. Dies wird aus dem nachfolgenden Satz offensichtlich, wonach der Einsprechende seine Stellung nicht auf einen Dritten abwälzen kann. Dies schließt die Auslegung der Beschwerdeführerin ausdrücklich aus, die Beendigung der Beteiligung des Einsprechenden könne einem Dritten die Möglichkeit geben, die Einsprechendenstellung zu übernehmen.

2.1.2 Das Hauptargument für eine freie Übertragbarkeit der Einsprechendenstellung, das von der vorlegenden Kammer geprüft wurde, ist der Grundsatz der Gleichbehandlung von Patentinhaber und Einsprechendem (T 1091/02, Nr. 2.5.1 der Entscheidungsgründe).

Die Vorlageentscheidung verkennt nicht, dass sich die Situation des Patentinhabers von der des Einsprechenden unterscheidet. Im Falle des Patentinhabers kann ein gewerbliches Schutzrecht übertragen werden, und eine solche Übertragung kann gegenüber dem EPA wirksam sein, wenn sie gemäß Regel 61 in Verbindung mit Regel 20 EPÜ eingetragen wird. Dies ermöglicht es dem neuen Patentinhaber, sein Patent im Einspruchsverfahren vor dem EPA zu verteidigen. Somit kann die verfahrensrechtliche Stellung des Patentinhabers nicht ohne das Schutzrecht übertragen werden. Im Falle des Einsprechenden gibt es kein Schutzrecht, so dass sich nicht die Frage stellt, ob sich die verfahrensrechtliche Stellung mit der Eigentümerschaft ändern könnte; die Sachlage ist also eine grundlegend andere.

Ebenso wenig verkennt die Vorlageentscheidung, dass es nach den allgemeinen Grundsätzen des Verfahrensrechts nicht im Ermessen eines Beteiligten an einem Gerichtsverfahren liegt, seine Stellung auf eine andere Person zu übertragen (Nr. 2.5.6 der Entscheidungsgründe). Im EPÜ sind zwar die Bedingungen geregelt, unter denen sich die Stellung des Anmelders oder Patentinhabers im Verfahren vor dem EPA ändern kann; es enthält aber keine derartigen Bestimmungen bezüglich des Einsprechenden. Eine Ausnahme stellt die in Regel 60 (2) EPÜ behandelte Situation eines Erben als Gesamtrechtsnachfolger dar. Offenbar wollte der Gesetzgeber keine Regelungen für andere Fälle der Übertragung als die Gesamtrechtsnachfolge vorsehen. Es ist keine gesetzliche Lücke ersichtlich, die von der Rechtsprechung auszufüllen wäre (s. G 1/97, ABl. EPA 2000, 322 – Antrag auf Überprüfung/ETA, Nr. 3 b) der Entscheidungsgründe).

2.1.3 Die Beschwerdeführerin brachte vor, dass die freie Übertragbarkeit der Einsprechendenstellung angesichts des öffentlichen Interesses an einem Widerruf ungültiger Patente gerechtfertigt sei. Durch das Einspruchsverfahren soll der Öffentlichkeit denn auch die Möglichkeit gegeben werden, die Gültigkeit des Patents anzufechten (G 9/93, ABl. EPA 1994, 891 – Einspruch der Patentinhaber gegen das eigene Patent/PEUGEOT UND CITROEN, Nr. 3 der Entscheidungsgründe). Diese Möglichkeit mag dem Einzelinteresse des Einsprechenden dienen, der bei seiner Geschäftstätigkeit keinen Beschränkungen unterworfen sein möchte; notwendig ist ein solches Interesse aber nicht. Auf jeden Fall liegt es im Interesse der Öffentlichkeit, dass Einspruchsverfahren durchgeführt und dabei insbesondere gegen die Patentierbarkeit sprechende Umstände erörtert werden, die im Erteilungsverfahren nicht zu Tage traten (G 3/97, a. a. O., Nr. 3.2.3 der Entscheidungsgründe). Der Beschwerdeführerin zufolge rechtfertigt dies eine freie Übertragung, z. B. wenn der ursprüngliche Einsprechende sein Interesse am Einspruch verliert und ein Dritter an der Fortführung des Verfahrens interessiert ist. In Bezug auf G 3/97 brachte die Beschwerdeführerin vor, dass der Patentinhaber kein berechtigtes Interesse daran habe, den Einsprechenden zu kennen.

2.1.4 Dem kann sich die Kammer nicht anschließen. Das Einspruchsverfahren soll ein einfaches, zügig durchgeführtes Verfahren sein. In ihm sollen einerseits relevante Einwände angemessen berücksichtigt werden, andererseits soll alsbald eine Entscheidung getroffen werden. Dies liegt nicht nur im Interesse beider Seiten (G 3/97, a. a. O., Nr. 3.2.3 der Entscheidungsgründe), sondern auch im Interesse der Öffentlichkeit, baldmöglichst geklärt zu wissen, ob es ein Ausschlussrecht zu beachten gilt. Aus diesem Grund ist der Einspruch fristgebunden und der Beitritt Dritter durch Artikel 105 EPÜ eingeschränkt. Es würde diesem Konzept zuwiderlaufen, wenn ein Dritter, der nicht fristgerecht Einspruch eingelegt hat, die verfahrensrechtliche Stellung eines Einsprechenden, der das Interesse am Einspruch verloren hat, übernehmen könnte und ein ansonsten abgeschlossenes Verfahren dadurch verlängert würde (s. auch T 298/97, a. a. O., Nr. 7.1 der Entscheidungsgründe).

Die von der Beschwerdeführerin angeführte Entscheidung T 563/89 (a. a. O.) kann deren Position aus folgenden Gründen nicht untermauern. Zum einen wurde in jenem Fall – anders als in der Vorlageentscheidung – ein Rechtsübergang von einem Unternehmen, das den Einspruch eingelegt hatte, an den Käufer des Unternehmens anerkannt. Des Weiteren geht der zu Grunde liegende Sachverhalt aus der Entscheidung nicht deutlich hervor. Darin heißt es, dass der Käufer als Rechtsnachfolger gehandelt habe, was bedeuten könnte, dass der ursprüngliche Einsprechende nicht mehr existierte. Schließlich war der Rechtsübergang nicht bestritten worden, und die Kammer nahm bei der Zulassung des Rechtsübergangs lediglich Bezug auf die Entscheidungsgründe im Fall G 4/88.

Ebenso wenig rechtfertigt die von der Beschwerdeführerin angeführte Entscheidung G 3/97 die von ihr daraus gezogenen Schlussfolgerungen. Wenn in G 3/97 festgestellt wird, dass ein Interesse daran zu erfahren, auf wessen Betreiben der Einspruch eingelegt worden ist, nicht rechtlich geschützt ist (a. a. O., Nr. 3.2.1 der Entscheidungsgründe), geht es um eine Situation, in der der Einsprechende im Interesse eines Dritten handelt. In der Entscheidung heißt es, dass nur der formell Legitimierte als Verfahrensbeteiligter anzusehen sei und dann auch keine Zweifel über die Parteistellung auftreten könnten (Nr. 3.2.5 der Entscheidungsgründe). Dies bedeutet, dass dem Patentinhaber keine verfahrensrechtlichen Mittel zur Verfügung stehen, um herauszufinden, wer der Dritte ist. Es ist jedoch unabdingbar, dass die Identität des Einsprechenden feststeht, selbst wenn es sich um einen Strohmann handelt.

2.2 Frage 1 b) –

Erweiterung der Schlussfolgerung in G 4/88?

In der Vorlageentscheidung werden Zweifel angemeldet, ob die Übertragung eines Teils des Geschäftsbetriebs eines Unternehmens mit dem Verkauf einer Tochtergesellschaft mit eigenem Geschäftsbetrieb gleichgestellt werden kann (Nr. 2.3.2 der Entscheidungsgründe). In der Tat besteht ein Unterschied zwischen einer juristischen Person und einem Teil ihres Geschäftsbetriebs, der von einem bloßen Geschäftsbereich ohne Rechtspersönlichkeit ausgeübt wird (T 9/00, ABl. EPA, 275 – Einspruch/HENKEL, S. 289). Der Verkauf einer Tochtergesellschaft ändert nichts am Status der beteiligten Unternehmen, während der Verkauf eines bloßen Geschäftsbereichs eine Aufspaltung des verkaufenden Unternehmens nach sich zieht. Nach Auffassung der Kammer 3.3.4 sind sich aber die Situation, die zur Vorlage geführt hat, und diejenige, in der die Große Beschwerdekammer in G 4/88 die Übertragung der Einsprechendenstellung zuließ, im Hinblick auf das jeweilige Interesse sehr ähnlich. In beiden Fällen habe der ursprüngliche Einsprechende infolge einer größeren Geschäftstransaktion ein berechtigtes Interesse an der Übertragung des Einspruchs. Die Beendigung der Beziehungen zwischen einem Einsprechenden und seiner Tochter sei der Übertragung relevanter Geschäftsbereiche durchaus vergleichbar (a. a. O., Nr. 2.4 der Entscheidungsgründe).

2.2.1 Zunächst stellt die vorlegende Kammer zutreffend fest, dass der Einspruch im ersten Fall von vornherein im Namen der Tochter hätte eingereicht werden können, auf deren Geschäftsbetrieb er sich bezog. Dies war in der Sache G 4/88 nicht möglich, wo erst nach Einlegen des Einspruchs durch Abspaltung eines Unternehmensteils einer bis dahin einzigen juristischen Person eine eigenständige juristische Person entstand.

Damit besteht ein wesentlicher Unterschied zwischen den beiden Fällen:

In G 4/88 war die Große Beschwerdekammer mit einer Situation befasst, in der es aus rechtlichen Gründen nicht von vornherein möglich war, die Einsprechendenstellung dem Geschäftsbereich zuzuweisen, in dessen Interesse der Einspruch eingelegt wurde, während es in der Vorlageentscheidung um den Fall geht, dass die Muttergesellschaft der Firma, in deren Interesse der Einspruch eingelegt wurde, die Einsprechendenstellung nicht zuweisen wollte. Bei der Wahl der Rechtsform für ihre Rechtsbeziehungen und insbesondere für die Beteiligung an rechtlich geregelten Verfahren müssen die Beteiligten die Vor- und Nachteile der möglichen Alternativen abwägen.

Gewiss sprechen gute Gründe dafür, alle unter den gewerblichen Rechtsschutz fallenden Angelegenheiten einer Unternehmensgruppe in einer zentralen Abteilung der Muttergesellschaft zusammenzufassen. Diese Gründe sind gegen etwaige Nachteile abzuwägen. Die offensichtliche Folge einer Zentralisierung ist die Bündelung aller Rechtspositionen bei der Muttergesellschaft. Daraus kann sich der Nachteil ergeben, dass eine Übertragung von Rechten häufig kostspielig und – wie der vorliegende Fall zeigt – manchmal nicht möglich ist.

Die Einsprechende hätte jedoch leicht Vorkehrungen für den möglichen Fall treffen können, dass ihre Tochter den Einspruch später übernehmen sollte. Hätten die Mutter- und die Tochtergesellschaft den Einspruch als gemeinsame Einsprechende eingelegt, so hätte sich die Muttergesellschaft jederzeit aus dem Einspruchsverfahren zurückziehen können, so dass die Tochter als einzige Einsprechende verblieben wäre (G 3/99, a. a. O., Nr. 13 der Entscheidungsgründe).

Dies zeigt, dass die verfügbaren Alternativen für die Betreuung gewerblicher Schutzrechte innerhalb einer Unternehmensgruppe unterschiedliche rechtliche Folgen nach sich ziehen und verschiedene Möglichkeiten für die Wahrung der Interessen eines Beteiligten mit sich bringen. Derartige Unterschiede sind aber kein Grund, die rechtlichen Folgen der jeweils gewählten Vorgehensweise bewusst zu ignorieren. Vielmehr müssten überzeugende Gründe dafür vorliegen, dass diese Folgen in einer bestimmten Situation nicht akzeptabel sein sollten.

2.2.2 In der auf G 4/88 (a. a. O.) folgenden Rechtsprechung der Beschwerdekammern wurden die Grundsätze dieser Entscheidung nicht auf andere Fallgestaltungen ausgedehnt. Außer bei einer Gesamtrechtsnachfolge wurde die Übertragung des Einspruchs nur dann zugelassen, wenn ein einschlägiger Teil des Geschäftsbetriebs der Einsprechenden übertragen wurde (T 670/95, a. a. O., in der die bisherige Rechtsprechung zusammengefasst wurde; T 711/99, ABl. EPA 2004, 550 – Übertragung des Einspruchs/L’OREAL).

Die beteiligten Interessen rechtfertigen es nicht, die Grundsätze der Entscheidung G 4/88 auf den Verkauf einer Tochtergesellschaft anzuwenden, in deren Interesse die Muttergesellschaft den Einspruch eingelegt hatte.

a) Rechtssicherheit und Verfahrensökonomie

Nach dem Grundsatz der Rechtssicherheit muss zu jeder Zeit feststehen, wer die Verfahrensbeteiligten sind (s. o., Nr. 1.3). Würde der Verkauf einer Tochtergesellschaft als Rechtfertigungsgrund für eine Übertragung der Einsprechendenstellung betrachtet, so würde jede derartige Eigentumsübertragung die Frage aufwerfen, ob die Muttergesellschaft Verfahrensbeteiligte bleiben oder einen Rechtsübergang beantragen möchte. Hatte zuvor festgestanden, dass es nur einen einzigen Einsprechenden gab, so würde der Verkauf einer Tochtergesellschaft eine Wahlmöglichkeit eröffnen, wer am weiteren Verfahren als Einsprechender beteiligt sein soll. Wird der Einspruch übertragen, stellt sich zusätzlich die Frage, wer der rechtmäßige neue Rechtsinhaber ist, nämlich die neue Muttergesellschaft (im vorliegendem Fall bioMérieux S.A.) oder die verkaufte Tochtergesellschaft (im vorliegenden Fall Organon Teknika/bioMérieux B.V.). Die erste Möglichkeit kann schwerlich als analog zu G 4/88 betrachtet werden, und die zweite liefe der ausdrücklichen Absicht der ursprünglichen Einsprechenden zuwider.

Des Weiteren würde sich die Tatfrage stellen, ob der Einsprechende der Einspruchsabteilung oder der Beschwerdekammer hinreichend nachweisen kann, dass der Verkauf tatsächlich stattgefunden hat. Aus steuerlichen Gründen erfolgen Unternehmensverkäufe häufig über Steueroasen, was die Bewertung der Gültigkeit und des Umfangs des Verkaufs erschwert. In dem Verfahren, das zur Vorlage geführt hat, brachte die Einsprechende vor, dass der einschlägige Geschäftsbetrieb zusammen mit der Tochtergesellschaft verkauft worden sei. Allerdings musste sie einräumen, dass ihre Patentaktivitäten auf dem betreffenden Gebiet nach dem Verkauf nicht vollständig eingestellt worden waren. Daraus wird deutlich, dass eine liberalere Zulassung von Übertragungen es in vielen Fällen erforderlich machen könnte, strittige Tatfragen oder schwierige Fragen des Unternehmensrechts zu prüfen. Dies würde den Spielraum für verfahrensrechtliche Auseinandersetzungen zwischen den Parteien erweitern und zu Komplikationen und Verzögerungen im Einspruchsverfahren führen. Auf diese Schwierigkeiten wird in der Vorlageentscheidung eingegangen (Nr. 2.5.2 der Entscheidungsgründe).

b) Interesse des Einsprechenden

Der Annahme in der Vorlageentscheidung, dass ein Einsprechender eine Übertragung seiner Beteiligtenstellung normalerweise nicht ohne triftigen Grund anstreben würde, ist zuzustimmen. Die Frage, die sich dabei stellt, ist jedoch nicht, ob eine liberalere Regelung der Übertragbarkeit von Einsprüchen ernsthaft befürchten lassen würde, dass Einsprechende ein abstruses oder unseriöses Verhalten an den Tag legen (a. a. O., Nr. 2.5.3 der Entscheidungsgründe). Vielmehr muss die Frage lauten, ob es stichhaltige Gründe dafür gibt, eine weitere Ausnahme von dem Grundsatz zuzulassen, dass es nicht im Ermessen eines Verfahrensbeteiligten liegt, seine Stellung zu übertragen. In Anbetracht der Tatsache, dass mit einem von der Mutter- und der Tochtergesellschaft gemeinsam eingelegten Einspruch etwaige praktische Schwierigkeiten umgangen werden können (s. o., Nr. 2.2.1), liegt es in der eigenen Verantwortung des Einsprechenden, wenn er nicht entsprechend verfährt, und er darf nicht dem Verfahrensrecht anlasten, dass es seinen Bedürfnissen nicht gerecht wird.

c) Interesse des Patentinhabers

Nach Artikel 99 (1) EPÜ kann “jedermann” innerhalb von neun Monaten nach der Bekanntmachung des Hinweises auf die Erteilung des europäischen Patents Einspruch einlegen. Der Patentinhaber hat ein berechtigtes Interesse daran, sein Patent nicht nach Ablauf dieser Frist gegen einen neuen Einsprechenden verteidigen zu müssen. Gewiss wird der neue Einsprechende keine bessere Verfahrensstellung als der frühere Einsprechende haben (T 1091/02, Nr. 2.5.4 der Entscheidungsgründe). Allerdings ist zu erwarten, dass ein neuer Beteiligter die Vorgehensweise seines Vorgängers überprüft und versucht, neue Angriffszüge zu führen. Ein wirtschaftlich stärkerer neuer Rechtsinhaber kann den Angriff auf das Patent erheblich intensivieren. Auch wenn Artikel 114 (2) EPÜ rechtliche Möglichkeiten bietet, um ungerechtfertigte Verzögerungen zu vermeiden, könnte das Verfahren verlängert und für den Patentinhaber erschwert werden.

d) Interesse der Öffentlichkeit

In der Vorlageentscheidung wird auf die Gefahr abgehoben, dass das öffentliche Interesse daran, dass jeder Einspruch in der Sache geprüft wird, gefährdet sein könnte, wenn sich die Einsprechendenstellung nur in Ausnahmefällen übertragen ließe (Nr. 2.5.5 der Entscheidungsgründe). Es bestehe eine gewisse Wahrscheinlichkeit, dass ein Einsprechender, der seine Verfahrensstellung nicht auf eine andere Person übertragen darf, seinen Einspruch einfach zurücknimmt oder auf eine aktive Beteiligung am Einspruchsverfahren verzichtet. Dies ist tatsächlich nicht auszuschließen. Beim Verkauf einer Tochtergesellschaft dürfte ein solches Verhalten aber in der Regel nicht zu erwarten sein. In dem Fall, der zur Vorlage geführt hat, hatte die Einsprechende ihre Patentaktivitäten auf dem betreffenden Gebiet nach dem Verkauf der Tochtergesellschaft nicht vollständig eingestellt. Auch in anderen Situationen erscheint es durchaus sinnvoll, dass ein Einsprechender ein anhängiges Einspruchsverfahren zu Ende führt, um seine vertraglichen Verpflichtungen gegenüber dem Käufer eines Unternehmens zu erfüllen, in dessen Interesse Einspruch eingelegt worden war.

Weiter ist zu betonen, dass grundsätzlich die Einspruchsschrift den rechtlichen und faktischen Rahmen festlegt, innerhalb dessen die materiellrechtliche Prüfung des Einspruchs durchzuführen ist (G 9/91 und G 10/91, ABl. EPA 1993, 408 und 420 – Prüfungsbefugnis/ROHM AND HAAS und Prüfung von Einsprüchen/Beschwerden, Nr. 6 der Entscheidungsgründe). Nicht nur der Widerruf ungültiger Patente, sondern auch die zügige Durchführung des Einspruchsverfahrens liegt im öffentlichen Interesse (s. o., Nr. 2.1.4). Deshalb sollte der Einsprechende seine Einwände zu Beginn des Verfahrens geltend machen, und eine abschließende Entscheidung dazu sollte so rasch wie möglich ergehen. Wenn sich ein Einsprechender aus dem Verfahren zurückzieht, wird das öffentliche Interesse an der Prüfung gültiger Einwände durch die Regel 60 (2) EPÜ, die die Fortsetzung des Verfahrens von Amts wegen ermöglicht, so weit gewahrt, wie dies vom Gesetzgeber für nötig erachtet wurde.

2.2.3 Zusammenfassend ist festzustellen, dass keine triftigen Gründe und insbesondere keine übergeordneten Interessen der Beteiligten oder der Öffentlichkeit dafür sprechen, die Grundsätze von G 4/88 auf den Fall einer verkauften Tochtergesellschaft auszudehnen, in deren Interesse von der Muttergesellschaft Einspruch eingelegt worden war.

3. Da die Fragen 1 a) und b) verneint wurden, müssen die Fragen 2 a) und b) nicht beantwortet werden, sondern nur die Frage 3.

3.1 Die mit der Einspruchsschrift eingereichte Erklärung zur Rechtspersönlichkeit der (ersten) Beschwerdeführerin ist ganz eindeutig und lässt keinen Spielraum für Interpretationen. Darin ist nicht die Einsprechende Akzo Nobel N.V. als Beschwerdeführerin genannt, sondern bioMérieux B.V., was auch der wirklichen Absicht des Verfassers der Erklärung entsprach. Nach der ständigen Rechtsprechung liegt in einem solchen Fall weder ein Mangel vor, der nach Regel 64 a) in Verbindung mit Regel 65 (2) EPÜ beseitigt werden kann (Einzelheiten s. T 97/98, ABl. EPA 2002, 183 – Spinnverfahren/MINNTECH, Nr. 1.3 ff. der Entscheidungsgründe), noch ein Mangel, der gemäß Regel 88 Satz 1 EPÜ berichtigt werden könnte (T 964/98 vom 22. Januar 2002, nicht im ABl. EPA veröffentlicht – Purines/MERRELL, Nr. 1 der Entscheidungsgründe). Angesichts des übergeordneten Interesses, dass ein Beteiligter identifizierbar sein muss, sieht die Kammer keinen Grund, den Anwendungsbereich von Regel 65 (2) oder Regel 88 Satz 1 EPÜ auszudehnen. Somit kann bioMérieux B.V. nicht im Wege einer Berichtigung durch Akzo Nobel N.V. ersetzt werden, und der Zusammenhang zwischen diesen Bestimmungen (vgl. T 715/01 vom 24. September 2002 – Glycosides/COGNIS, nicht im ABl. EPA veröffentlicht, Nr. 9 der Entscheidungsgründe) muss im Hinblick auf die Entscheidung über diese Vorlage nicht erörtert werden.

3.2 Somit bleibt die Frage zu beantworten, ob ein Beschwerdeführer in einem Hilfsantrag wirksam angegeben werden kann.

3.2.1 Generell dürfen Verfahrenserklärungen nicht an Bedingungen geknüpft werden (J 27/94, ABl. EPA 1995, 831 – Teilanmeldung/UNIVERSITÉ LAVAL). Im Interesse der Rechtssicherheit und der Verfahrensökonomie muss von Anfang an feststehen, ob eine Erklärung wirksam ist. Dies gilt insbesondere für Erklärungen, mit denen ein Verfahren eingeleitet wird. So wurde eine Beschwerde, die unter einer Bedingung eingelegt wurde, als unzulässig verworfen (J 16/94, ABl. EPA, 1997, 331 – Beschwerdeschrift/XXX).

Das Erfordernis, dass Verfahrenserklärungen nicht an Bedingungen geknüpft werden dürfen, gilt jedoch nicht ausnahmslos.

Wie in der Vorlageentscheidung zutreffend festgestellt wird, ist es ein anerkannter Grundsatz in Verfahren vor dem EPA, dass ein Beteiligter Hilfsanträge stellen kann. Angemessen eingesetzt, behindern derartige Anträge nicht den Fortgang des Verfahrens. Vielmehr machen sie zu einem frühen Zeitpunkt die Rückfallpositionen eines Beteiligten deutlich, so dass die Gegenpartei und der Spruchkörper vorbereitet sind, wenn der entsprechende Antrag zum Tragen kommt. Dies ist dann der Fall, wenn der im Rang vorgehende, bevorzugte Antrag vom Spruchkörper für nicht gewährbar erklärt wurde.

3.2.2 Die Beschwerdeschrift in dem der Vorlage zu Grunde liegenden Fall lässt sich auf unterschiedliche Weise auslegen.

a) Zum einen kann von zwei verschiedenen Beschwerden gesprochen werden, nämlich von einer ersten im Namen von bioMérieux B.V. und einer zweiten im Namen von Akzo Nobel N.V. In diesem Fall wäre es folgerichtig zu verlangen, dass beide Beschwerden unabhängig voneinander die Formerfordernisse erfüllen müssen.

b) Zum anderen kann von einer einzigen Beschwerde gesprochen werden, bei der unklar ist, mit wem als Beschwerdeführer sie zu behandeln ist. In diesem Fall liegt mit Sicherheit eine Beschwerde im Namen von bioMérieux B.V. vor; falls bioMérieux B.V. nicht beschwerdeberechtigt ist, stellt sich dann die Frage, ob der Hilfsantrag zulässig ist.

c) Dem Wortlaut der Beschwerdeschrift zufolge wollte die Beschwerdeführerin offensichtlich keine zwei getrennten Beschwerden einlegen. Es gibt nur eine Beschwerdeschrift, das Wort “Beschwerde” wird im Singular verwendet, und die Einreichung im Namen von Akzo Nobel N.V. wird “hilfsweise und als reine Vorsichtsmaßnahme” beantragt.

d) Wichtiger noch als der reine Wortlaut ist der Zweck der Erklärung. Beabsichtigt war, eine einzige Beschwerde einzulegen. Der Verfasser der Erklärung wollte diese im Namen der richtigen Person einlegen, war sich aber nicht sicher, wer die richtige Verfahrensbeteiligte war – die ursprüngliche Einsprechende oder die Tochtergesellschaft, in deren Interesse der Einspruch eingelegt worden war. Die Antwort auf diese Frage war nicht von verfahrensfremden Umständen abhängig, sondern sollte vielmehr von der vorlegenden Kammer bei der Prüfung der Zulässigkeit der Beschwerde gegeben werden.

3.2.3 Die Frage 3 wurde von der vorlegenden Kammer im Hinblick auf die Rechtssicherheit bezüglich der Identität der Verfahrensbeteiligten gestellt, und diese Kammer sieht keinen Grund, sie in einem größeren Zusammenhang zu beantworten. Es gibt sicherlich Situationen, in denen es aus rechtlichen Gründen unklar ist, wer der richtige Verfahrensbeteiligte ist.

a) Ein Beispiel wurde in der mündlichen Verhandlung vor der Kammer erörtert: Während ein europäischer zugelassener Vertreter am letzten Tag der Frist eine Beschwerdeschrift für seinen außerhalb Europas ansässigen Mandanten, die Firma A, ausarbeitet, erhält er eine E-Mail von diesem Mandanten, der zufolge die Firma A mit ihrem Konkurrenten, der Firma B, zur Firma C fusioniert habe und die unterzeichneten Verträge den Kartellbehörden zur Genehmigung vorgelegt worden seien. Es sei unklar, ob die Firma A noch existiere. In dieser Situation stellt sich nicht nur die Tatfrage, ob die Fusion genehmigt wird oder nicht, sondern es werden auch Rechtsfragen aufgeworfen, insbesondere die Frage, welchen Einfluss eine Genehmigung bzw. ein Verbot der Fusion durch die Kartellbehörden auf die Wirkungen der unternehmensrechtlichen Verträge zwischen den Parteien hätte.

b) Bei der Klärung der Beteiligtenstellung sind nicht selten schwierige Fragen des nationalen Rechts zu beantworten. Selbst die eigentlich einfache Frage, wer als einer juristischen Person nach dem für sie maßgebenden Recht gleichgestellte Gesellschaft im Sinne des Artikels 58 EPÜ die Beteiligtenstellung innehat, kann im Einzelfall Probleme aufwerfen. Deutlich wird dies am Beispiel der Gesellschaft bürgerlichen Rechts nach deutschem Recht, die seit Inkrafttreten des Bürgerlichen Gesetzbuchs rund 100 Jahre lang nicht als rechts- und parteifähig galt, bis sich die einschlägige Rechtsprechung der Zivilgerichte änderte (siehe Urteil des Bundesgerichtshofs vom 29. Januar 2001, Neue Juristische Wochenschrift 2001, 1056), was schließlich dazu führte, dass solche Gesellschaften inzwischen als Beteiligte an Verfahren vor dem Deutschen Patent- und Markenamt anerkannt werden (Mitteilung Nr. 4/05 des Präsidenten des Deutschen Patent- und Markenamts, BlPMZ 2005, 2).

c) Rechtsunsicherheit im Zusammenhang mit der Beteiligtenstellung könnte auch in dem in der Sache G 4/88 (a. a. O.) angeführten Fall entstehen, wenn eine Übertragung des Einspruchs beantragt wurde, aber noch nicht eingetragen ist. Im Einzelfall ist es unter Umständen zweifelhaft, ob die vom Antragsteller vorgelegten Beweismittel für den Rechtsübergang ausreichen, um dem EPA nachzuweisen, dass eine Übertragung der entsprechenden Vermögensbestandteile tatsächlich stattgefunden hat. Bis zur Eintragung des Rechtsübergangs steht die Beteiligtenstellung nicht endgültig fest. Dennoch können Fristen für die Vornahme von Verfahrenshandlungen laufen. In einem solchen Fall erscheint es legitim, dass Handlungen für den Käufer vorgenommen werden, den der Antragsteller für handlungsberechtigt hält, und hilfsweise für den bisherigen Rechtsinhaber für den Fall, dass die Erfordernisse für einen Rechtsübergang noch nicht erfüllt sein sollten.

3.2.4 Die Fälle, die sich aus den vorstehend angeführten Rechtsfragen ergeben, unterscheiden sich von einer bedingten Beschwerde, die Gegenstand der Entscheidung J 16/94 (a. a. O.) war.

a) Bei einer bedingten Beschwerde soll bis zur Erfüllung der Bedingung offen bleiben, ob ein Beschwerdeverfahren anhängig wird. In dem von der Juristischen Beschwerdekammer entschiedenen Fall bestand die Bedingung darin, dass einem Wiedereinsetzungsantrag nicht stattgegeben wird. Aus Gründen der Rechtssicherheit darf eine Beschwerdeschrift aber keine Zweifel daran aufkommen lassen, ob eine Entscheidung angefochten wird (J 16/94, a. a. O., Nr. 4 der Entscheidungsgründe; T 854/02 vom 14. Oktober 2002 – Use of Taxol/BRISTOL-MYERS SQUIBB, nicht im ABl. EPA veröffentlicht, zu einer Anschlussbeschwerde).

b) Derartige Zweifel bestehen nicht, wenn eine Beschwerde einen Hilfsantrag enthält, der die Person des Beschwerdeführers betrifft. Es steht nicht in Zweifel, dass die angefochtene Entscheidung überprüft werden soll, sondern lediglich, in wessen Namen das Verfahren schließlich durchgeführt wird. Die Beschwerdeschrift ist als eine einzige Beschwerde auszulegen, die gemäß dem Hauptantrag im Namen der zuerst angegebenen Person und gemäß dem Hilfsantrag im Namen der hilfsweise genannten Person eingelegt wird. In dem Fall, der zur Vorlage führte, war der zugelassene Vertreter zur Vertretung beider Personen berechtigt (s. o., Nr. 1.1.2).

c) Auch ist den angeführten Fällen gemeinsam, dass die Frage der Beteiligtenstellung von der zuständigen Stelle des EPA nach Aktenlage zu entscheiden ist. Damit hängt die “Bedingung” für die Relevanz des Hilfsantrags nur vom Urteil dieser Stelle ab. Die Beteiligtenstellung ist also nicht von einem unsicheren Ereignis außerhalb des Verfahrens abhängig. Die Unsicherheit ist nicht durch das Verhalten des Beteiligten im Verfahren bedingt, sondern durch eine Rechtslage, die objektiv als unklar zu betrachten ist. So ist die Unsicherheit darüber, wer als der richtige Beteiligte gelten wird, begrenzt, und die entsprechende Rechtsfrage muss ohnehin im Laufe des anhängigen Verfahrens beantwortet werden, ob nun ein Hilfsantrag eingereicht wird oder nicht. Eine solche begrenzte Unsicherheit kann im Interesse des Beteiligten hingenommen werden, der in einer Rechtslage, die verschiedene Auslegungen zulässt, innerhalb einer vorgeschriebenen Frist eine Verfahrenshandlung vornehmen muss.

3.2.5 Alternativ wäre es zur Klärung der Parteienstellung möglich, zwei getrennte Erklärungen abzugeben, d. h. in dem der Vorlage zu Grunde liegenden Fall eine Beschwerde im Namen von bioMérieux B.V. einzulegen und eine weitere im Namen von Akzo Nobel N.V.

a) Selbst dann hätte die Beschwerdekammer die Frage der Beteiligtenstellung von Amts wegen zu prüfen, bevor sie in der Sache entscheidet. Der einzige nennenswerte Unterschied zwischen den beiden Möglichkeiten zur Einleitung eines Beschwerdeverfahrens besteht darin, dass bei zwei Beschwerden zwei Beschwerdegebühren fällig werden, während im Falle eines Hilfsantrags nur eine Beschwerdegebühr zu entrichten ist. Hingegen wird weder die Rechtssicherheit noch die Verfahrensökonomie durch die Wahl des Beschwerdeführers beeinträchtigt. Die beiden Beschwerden müssten gemäß Artikel 9 der Verfahrensordnung der Beschwerdekammern im selben Verfahren behandelt werden, weil sie gegen eine einzige Entscheidung eingelegt worden wären. In einem gemeinsamen Verfahren für beide Beschwerden wäre dieselbe entscheidende Verfahrensfrage vorab zu prüfen, nämlich wer der richtige Verfahrensbeteiligte ist, wenn eine Muttergesellschaft ihre Tochtergesellschaft verkauft, in deren Interesse sie den Einspruch eingelegt hatte.

b) Angesichts dieser Sachlage erscheint es übertrieben formalistisch und dem gesunden Menschenverstand zuwiderlaufend, für die in einem einzigen Verfahren erfolgende Beantwortung ein und derselben Rechtsfrage, wer der richtige Verfahrensbeteiligte ist, zwei Beschwerdegebühren zu erheben. Jeglicher Verfahrensmissbrauch dürfte ausgeschlossen sein, wenn ein Antrag, in dem hilfsweise ein anderer Beschwerdeführer angegeben ist, auf den Fall beschränkt ist, dass der betreffende Beteiligte nicht für die Rechtsunsicherheit darüber verantwortlich gemacht werden kann, welcher der Genannten tatsächlich als der richtige Verfahrensbeteiligte anzusehen ist.

c) Die Beschwerdegegnerin brachte vor, dass die Zulassung der Angabe eines weiteren Beschwerdeführers im Wege eines Hilfsantrags dazu führen könnte, dass später noch weitere, ähnliche Hilfsanträge eingereicht würden, wie dies die Beschwerdeführerin in der mündlichen Verhandlung vor der Kammer 3.3.4 auch getan habe, und die Rechtssicherheit dadurch beeinträchtigt würde. Dieses Argument baut auf der These der Beschwerdegegnerin auf, dass ein Hilfsantrag nur im Rahmen einer zulässigen Beschwerde eingereicht werden könne, und verkennt den Unterschied zwischen einer – unzulässigen – bedingten Beschwerde und einem Hilfsantrag, der keinen Zweifel daran lässt, dass die erstinstanzliche Entscheidung angefochten wird (s. o., Nr. 3.2.4). In jedem Fall scheint der Standpunkt der Beschwerdegegnerin nicht in hinreichendem Maße die bisherige Rechtsprechung zu berücksichtigen, wonach innerhalb der Frist für die Einreichung der Beschwerde ein identifizierbarer Beschwerdeführer angegeben werden muss (s. Verweise unter Nr. 3.1).

3.2.6 Infolgedessen hält die Große Beschwerdekammer es für legitim, dass eine Verfahrenserklärung im Namen der Person abgegeben wird, die die handelnde Person nach ihrer Auslegung als richtigen Beteiligten betrachtet, und zugleich hilfsweise im Namen einer anderen Person, die nach einer anderen möglichen Auslegung ebenfalls als der richtige Verfahrensbeteiligte betrachtet werden könnte, wenn aus berechtigtem Grund Rechtsunsicherheit darüber besteht, wie das Recht hinsichtlich der Frage des richtigen Verfahrensbeteiligten auszulegen ist.

3.3 Ob aus berechtigtem Grund eine solche Rechtsunsicherheit besteht, ist im Einzelfall zu klären. Im Fall, der zur Vorlage führte, ist diese Frage von der vorlegenden Kammer zu beantworten.

ENTSCHEIDUNGSFORMEL

Aus diesen Gründen wird entschieden:

Die der Großen Beschwerdekammer vorgelegten Fragen werden wie folgt beantwortet:

I. a) Die Einsprechendenstellung ist nicht frei übertragbar.

b) Eine juristische Person, die bei Einlegung des Einspruchs eine Tochter der Einsprechenden war und die den Geschäftsbetrieb weiterführt, auf den sich das angefochtene Patent bezieht, kann nicht die Einsprechendenstellung erwerben, wenn ihre gesamten Aktien an eine andere Firma übertragen werden.

II. Wenn bei Einlegung einer Beschwerde aus berechtigtem Grund Rechtsunsicherheit darüber besteht, wie das Recht hinsichtlich der Frage des richtigen Verfahrensbeteiligten auszulegen ist, ist es legitim, dass die Beschwerde im Namen der Person eingelegt wird, die die handelnde Person nach ihrer Auslegung als richtigen Beteiligten betrachtet, und zugleich hilfsweise im Namen einer anderen Person, die nach einer anderen möglichen Auslegung ebenfalls als der richtige Verfahrensbeteiligte betrachtet werden könnte.