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European Case Law Identifier: ECLI:EP:BA:2005:J002503.20050427
Datum der Entscheidung: 27 April 2005
Aktenzeichen: J 0025/03
Anmeldenummer: 96933616.3
IPC-Klasse: C08F 4/658
Verfahrenssprache: EN
Verteilung: A
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Fassungen: OJ
Bezeichnung der Anmeldung:
Name des Anmelders: MITSUI CHEMICALS, INC.
Name des Einsprechenden:
Kammer: 3.1.01
Leitsatz: I. Die Eintragung der Zurücknahme einer Patentanmeldung in das europäische Patentregister gilt ebenso als öffentliche Bekanntmachung wie ihre Veröffentlichung im Europäischen Patentblatt (siehe Nr. 9 der Entscheidungsgründe, am Ende).
II. Ein Antrag auf Widerruf der Zurücknahme einer Patentanmeldung ist nicht mehr zulässig, wenn zu dem Zeitpunkt, zu dem er gestellt wird, im europäischen Patentregister bereits auf die Zurücknahme hingewiesen wurde und ein Dritter zum Zeitpunkt der offiziellen öffentlichen Bekanntmachung auch nach einer Akteneinsicht keinen Grund zu der Annahme gehabt hätte, dass die Zurücknahme ein Irrtum war und später widerrufen werden könnte (siehe Nrn. 10 und 11 der Entscheidungsgründe).
Relevante Rechtsnormen:
European Patent Convention 1973 Art 127
European Patent Convention 1973 Art 129
European Patent Convention 1973 R 88
European Patent Convention 1973 R 92
Schlagwörter: Berichtigung (Widerruf) der Zurücknahme einer Anmeldung (verneint) – Hinweis auf die Zurücknahme im europäischen Patentregister
Orientierungssatz:

Angeführte Entscheidungen:
J 0008/80
J 0015/86
J 0010/87
J 0022/95
J 0004/97
J 0014/04
T 0824/00
Anführungen in anderen Entscheidungen:
J 0037/03
J 0038/03
J 0007/06
J 0008/06
J 0010/08
J 0018/10
J 0001/11
J 0006/13
J 0009/14
J 0002/15
T 1673/07
T 2347/11

Sachverhalt und Anträge

I. Die Beschwerdeführerin (Anmelderin) legte am 14. April 2003 Beschwerde gegen die am 13. Februar 2003 ergangene Entscheidung der Prüfungsabteilung ein, mit der ihr Antrag auf Widerruf der Zurücknahme der am 9. Oktober 1996 eingereichten Anmeldung Nr. 96933616.3 zurückgewiesen wurde. Die Beschwerdegebühr wurde am selben Tag entrichtet; die Beschwerdebegründung wurde am 20. Juni 2003 eingereicht.

II. Die Streitanmeldung war als PCT-Anmeldung in japanischer Sprache eingereicht worden. Nach dem Eintritt in die regionale Phase hatte das EPA am 24. September 1997 die englische Übersetzung veröffentlicht.

III. Mit Schreiben vom 18. Dezember 2002, das am selben Tag beim Europäischen Patentamt einging, nahm die Anmelderin die Anmeldung vorbehaltlos zurück.

Die Prüfungsabteilung bestätigte die Zurücknahme der Anmeldung mit Schreiben vom 13. Januar 2003 (EPO Form 2077).

IV. Mit Schreiben vom 15. Januar 2003, das am selben Tag beim Europäischen Patentamt einging, beantragte die Anmelderin die Berichtigung ihrer früheren Zurücknahme der Anmeldung nach Regel 88 EPÜ.

V. In der angefochtenen Entscheidung erklärte die Prüfungsabteilung, dass der Antrag auf Widerruf der Zurücknahme der Anmeldung nach der Veröffentlichung der Zurücknahme im europäischen Patentregister am 11. Januar 2003 eingegangen sei. Sie befand daher unter Verweis auf die Entscheidungen J 10/87, J 22/95 und J 4/97, dass eine Zulassung des Widerrufs nicht im Interesse der Öffentlichkeit liege.

VI. In ihrer Beschwerdebegründung und in der mündlichen Verhandlung brachte die Beschwerdeführerin im Wesentlichen Folgendes vor:

Die Entscheidungen J 10/87 und J 4/97 seien im vorliegenden Fall maßgeblich. Nach diesen Entscheidungen könne einem Antrag auf Widerruf der Zurücknahme einer Anmeldung als Ganzes nach Regel 88 EPÜ stattgegeben werden, wenn:

a) die Zurücknahme zu dem Zeitpunkt, zu dem ihr Widerruf beantragt werde, der Öffentlichkeit vom EPA noch nicht offiziell bekannt gegeben worden sei,

b) die irrtümliche Zurücknahme einem entschuldbaren Versehen zuzuschreiben sei,

c) dadurch keine wesentliche Verfahrensverzögerung entstehe und

d) das EPA zu der Überzeugung gelange, dass die Interessen Dritter, die möglicherweise durch Akteneinsicht Kenntnis von der Zurücknahme erhalten hätten, ausreichend geschützt seien.

Es seien Erklärungen als Erläuterung und Beleg für die Begleitumstände des Missverständnisses zwischen der Anmelderin und ihrem japanischen Vertreter vorgelegt worden, das zu der vorbehaltlosen Zurücknahme durch den bevollmächtigten europäischen Vertreter geführt habe. Diese sei einem entschuldbaren Versehen zuzuschreiben.

Der Widerruf der Zurücknahme sei unverzüglich beantragt worden, denn der Widerrufsantrag sei nur einen Tag, nachdem der japanische Vertreter den Fehler bemerkt habe, gestellt worden.

Dritte seien seit dem 15. Januar 2003 im öffentlichen Teil der Akte über den Antrag auf Widerruf der Zurücknahme informiert und somit gewarnt gewesen, sich nicht auf die am 11. Januar 2003 im Register veröffentlichten Angaben zu verlassen. In dem sehr kurzen Zeitraum zwischen dem 11. und dem 15. Januar 2003 seien Dritte also ausreichend geschützt gewesen. Dieser Zeitraum von vier Tagen, in dem Dritte – selbst nach Einsichtnahme in die offizielle Akte – nichts von dem Antrag auf Widerruf der Zurücknahme wissen konnten, sei sehr kurz. Dies unterscheide den vorliegenden Fall von dem in der angezogenen Entscheidung J 14/04 behandelten, wo die betreffende Zeitspanne über einen Monat betragen habe, also wesentlich länger gewesen sei.

Die Zurücknahme der Anmeldung sei der Öffentlichkeit bis zum Tag ihres Widerrufs noch nicht offiziell bekannt gegeben worden, denn diese offizielle öffentliche Bekanntgabe erfolge erst mit der Veröffentlichung der Zurücknahme im Patentblatt und nicht mit ihrer Eintragung in das Patentregister.

VII. In einer Mitteilung nach Artikel 11 (1) der Verfahrensordnung der Beschwerdekammern lud die Kammer die Beschwerdeführerin zu einer mündlichen Verhandlung und vertrat die vorläufige Auffassung, dass der Widerruf der Zurücknahme der Anmeldung wahrscheinlich nicht zugelassen werden könne, weil die Zurücknahme durch den entsprechenden Hinweis im europäischen Patentregister der Öffentlichkeit offiziell bekannt gegeben worden sei und der Öffentlichkeit keine gegenteiligen Informationen zugänglich gewesen seien.

In einer weiteren Mitteilung erhielt die Beschwerdeführerin eine Kopie der Entscheidung J 14/04 zur Kenntnisnahme vor der mündlichen Verhandlung.

VIII. Die mündliche Verhandlung fand am 27. April 2005 statt.

IX. Die Beschwerdeführerin beantragte die Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und die Zulassung des Widerrufs der Zurücknahme ihrer Anmeldung.

Entscheidungsgründe

1. Die Beschwerde entspricht den Artikeln 106 bis 108 und der Regel 64 EPÜ und ist somit zulässig.

2. Regel 88 EPÜ, deren Anwendung die Beschwerdeführerin beantragt hat, lässt die Berichtigung von Mängeln unter genau definierten Bedingungen zu (siehe hierzu die Ausführungen zur Entstehungsgeschichte der Regel 88 EPÜ in der frühen einschlägigen Entscheidung J 8/80, ABl. EPA 1980, 293, Nrn. IX bis XIV des Sachverhalts und der Anträge, und die enge Auslegung dieser Regel unter Nr. 6 der dortigen Entscheidungsgründe).

In der Entscheidung J 10/87 (ABl. EPA 1989, 323) wurde Regel 88 EPÜ angewendet, um dem Widerruf einer Zurücknahme der Benennung eines Vertragsstaats in einer veröffentlichten Patentanmeldung unter bestimmten Umständen stattzugeben.

In der Entscheidung J 4/97 vom 9. Juli 1997 gab die Kammer unter Berufung auf die Begründung in J 10/87 dem Widerruf der Zurücknahme einer veröffentlichten Patentanmeldung als Ganzes statt.

Beide Entscheidungen befassen sich eingehend mit dem Ausnahmecharakter der Berichtigung von Mängeln nach Regel 88 EPÜ vor dem Hintergrund der Rechtssicherheit und der Abwägung der Interessen des Anmelders gegenüber denen Dritter (J 10/87, Nrn. 8 bis 13 der Entscheidungsgründe; J 4/97, Nr. 4 der Entscheidungsgründe).

Die Beschwerdeführerin hat weder die grundsätzliche Relevanz dieser Entscheidungen noch die darin formulierten Bedingungen in Frage gestellt; vielmehr hat sie sich in ihrem Vorbringen sogar darauf berufen.

3. Eine der in den Entscheidungen J 10/87 und J 4/97 aufgestellten Bedingungen für die Zulassung einer Berichtigung nach Regel 88 EPÜ besagt, dass “die Zurücknahme … der Öffentlichkeit bis zu dem Zeitpunkt, zu dem der Widerruf der Zurücknahme beantragt wird, vom EPA nicht offiziell bekannt gegeben worden” sein darf (J 10/87, Nr. 13 der Entscheidungsgründe).

Diese Bedingung war in der Sache J 10/87 erfüllt, weil die Zurücknahme der Benennung noch nicht im Europäischen Patentblatt veröffentlicht worden war, als der Widerruf der Zurücknahme beantragt wurde (Nr. 14 der Entscheidungsgründe). Außerdem stellte die Kammer in dieser Entscheidung ausdrücklich fest, dass der Rechtssicherheit der Vorrang gebührt und das Interesse der Öffentlichkeit, die sich auf die offiziellen Bekanntmachungen des Europäischen Patentamts verlassen können muss, über das Interesse eines Patentanmelders zu stellen ist, seine bereits öffentlich bekannt gemachte irrtümliche Erklärung über die Zurücknahme der Anmeldung korrigieren zu lassen.

In der Sache J 4/97 war die Bedingung ebenfalls erfüllt, weil der Widerruf der Zurücknahme der Patentanmeldung vor ihrer Veröffentlichung im Europäischen Patentblatt und sogar noch vor ihrer Eintragung in das europäische Patentregister beantragt worden war (Nr. 6 der Entscheidungsgründe).

In der früheren Entscheidung J 15/86 (ABl. EPA 1988, 417) war die Kammer ebenfalls zu dem Schluss gekommen, dass eine Zurücknahmeerklärung nicht mehr widerrufen werden kann, wenn die Zurücknahme der Öffentlichkeit bereits im Europäischen Patentblatt bekannt gemacht worden ist.

4. Aus diesen Entscheidungen ergibt sich, dass Regel 88 EPÜ im Interesse der Rechtssicherheit und in Abwägung der Interessen des Patentanmelders gegenüber denen Dritter nur dann anwendbar ist, wenn die Zurücknahme einer veröffentlichten Patentanmeldung zu dem Zeitpunkt, zu dem der Widerruf der Zurücknahme beantragt wird, noch nicht offiziell bekannt gegeben wurde.

Ferner besagen diese Entscheidungen eindeutig, dass die Zurücknahme mit der Veröffentlichung im Europäischen Patentblatt offiziell bekannt gemacht wird und ab diesem Zeitpunkt nicht mehr widerrufen werden kann.

Sie beantworten aber nicht direkt die Frage, die sich im vorliegenden Fall stellt, nämlich ob der Hinweis auf die Zurücknahme im europäischen Patentregister als offizielle öffentliche Bekanntmachung anzusehen ist, die einen Widerruf der Zurücknahme ab diesem Zeitpunkt unmöglich machen würde, selbst wenn die Zurücknahme noch nicht im Europäischen Patentblatt veröffentlicht wurde.

Vielmehr besagen diese Entscheidungen, dass die Zurücknahme mit ihrer Veröffentlichung im Europäischen Patentblatt der Öffentlichkeit offiziell bekannt gemacht wurde und ihr Widerruf danach nicht mehr möglich ist. Entgegen dem Vorbringen der Beschwerdeführerin lässt sich daraus jedoch nicht ableiten, dass diese Veröffentlichung im Europäischen Patentblatt unbedingt das einzige Instrument ist, um die Zurücknahme der Öffentlichkeit offiziell bekannt zu geben und ihren Widerruf unmöglich zu machen.

5. Somit stellt sich die Frage, ob der Hinweis im europäischen Patentregister und die Veröffentlichung im Europäischen Patentblatt beide gleichermaßen als offizielle öffentliche Bekanntmachungen gelten können.

6. In der Entscheidung T 824/00 (ABl. EPA 2004, 5, am Ende von Nr. 8 der Entscheidungsgründe) wird die Bekanntmachung im Europäischen Patentblatt und im europäischen Patentregister als vergleichbar erachtet, wenn die Entscheidung J 10/87 dahin gehend ausgelegt wird, dass sie nach Veröffentlichung der Zurücknahme im Europäischen Patentblatt oder gar im europäischen Patentregister deren Widerruf ausschließt.

7. Die Entscheidung J 14/04 vom 17. März 2005 betraf einen ähnlich gelagerten Fall wie den vorliegenden; auch hier wurde der Widerruf der Zurücknahme einer Patentanmeldung beantragt, nachdem im europäischen Patentregister auf die Zurücknahme hingewiesen worden war, aber noch bevor sie im Europäischen Patentblatt veröffentlicht wurde.

In diesem Fall prüfte die Kammer, ob der Hinweis auf die Zurücknahme einer Patentanmeldung im europäischen Patentregister wirklich als offizielle öffentliche Bekanntmachung im Sinne der in den Entscheidungen J 10/87 und J 4/97 aufgestellten Bedingung anzusehen ist.

8. In J 14/04 berief sich die Kammer auf das Europäische Patentübereinkommen, das in Kapitel II des siebenten Teils die “Unterrichtung der Öffentlichkeit und Behörden” regelt.

Nach Artikel 127 EPÜ führt das Europäische Patentamt ein Patentregister mit der Bezeichnung europäisches Patentregister, in dem alle Angaben vermerkt werden, deren Eintragung in diesem Übereinkommen vorgeschrieben ist.

In Regel 92 EPÜ sind ferner die in das Register einzutragenden Angaben aufgelistet, die unter dem Buchstaben n auch den Tag umfassen, an dem die europäische Patentanmeldung zurückgewiesen oder zurückgenommen worden ist oder als zurückgenommen gilt.

Diese Verweise auf den Wortlaut des Europäischen Patentübereinkommens sprechen eindeutig für den offiziellen Charakter der Angaben im europäischen Patentregister und insbesondere des Hinweises auf die Zurücknahme einer Patentanmeldung.

Außerdem besagt Artikel 129 a) EPÜ, dass das Europäische Patentblatt die Eintragungen in das europäische Patentregister wiedergibt.

Dies macht deutlich, dass der Inhalt des Europäischen Patentblatts auf den Angaben im europäischen Patentregister beruht. Damit wird der offizielle Charakter der Registerangaben und bis zu einem gewissen Grad sogar der Vorrang des europäischen Patentregisters gegenüber dem Europäischen Patentblatt bekräftigt.

Anders als von der Beschwerdeführerin behauptet, sind also nicht nur mit der Veröffentlichung im Europäischen Patentblatt, sondern auch mit der Eintragung in das europäische Patentregister rechtliche Wirkungen verbunden. So ist beispielsweise, solange die Erfordernisse der Regel 20 (3) EPÜ nicht erfüllt sind, die als Anmelder eingetragene Person, d. h. die Person, deren Name im europäischen Patentregister steht, die Verfahrensbeteiligte, und sie gilt nach Artikel 60 (3) EPÜ als berechtigt, das Recht auf das europäische Patent geltend zu machen (J 26/95, ABl. EPA 1999, 668, Nr. 2 der Entscheidungsgründe), und zwar unabhängig davon, ob ihr das Recht auf das europäische Patent wirklich zusteht (siehe Artikel 60 (1) EPÜ).

9. In Artikel 127 EPÜ heißt es zum öffentlichen Charakter des Inhalts des europäischen Patentregisters, dass jedermann in das Patentregister Einsicht nehmen kann.

Was das Europäische Patentblatt angeht, so wird es in Artikel 129 a) EPÜ ausdrücklich als Veröffentlichung bezeichnet.

Aus dieser geringfügigen und rein sprachlichen Abweichung lässt sich aber noch kein entscheidender Unterschied ableiten.

In einem weiter gefassten Ansatz ist die Öffentlichkeitsrelevanz des Europäischen Patentblatts und des europäischen Patentregisters unter dem Aspekt zu untersuchen, wie das Europäische Patentamt diese offiziellen Informationsquellen der Öffentlichkeit ab dem Zeitpunkt, zu dem im europäischen Patentregister auf die Zurücknahme der Patentanmeldung hingewiesen wurde, tatsächlich zugänglich gemacht hat. Das Europäische Patentblatt wie auch das europäische Patentregister werden der Öffentlichkeit in ähnlicher Weise über das Internet-Portal epoline® kostenlos zur Verfügung gestellt. Dabei kann nicht nur jedermann online auf das europäische Patentregister zugreifen, sondern es wird zudem ein Dienst angeboten, mit dem sich anhand nutzerdefinierter Listen von Patentanmeldungen Änderungen in den Akten aller veröffentlichten Patentanmeldungen verfolgen lassen. In Verbindung mit einem weiteren Software-Tool ermöglicht es dieser Dienst, Daten abzugleichen und Änderungen sofort zu erkennen oder sich sogar per E-Mail automatisch benachrichtigen zu lassen, sobald sich bei einem der vorab ausgewählten Fälle im europäischen Patentregister eine Änderung ergibt (seinerzeit mittels WebRegPro; siehe WebRegPro: Überwachung von Patentanmeldungen mit Hilfe des Europäischen Patentregisters Online in epoline®, EPIDOS News 4/2002, Dezember 2002; auch veröffentlicht auf der Internetseite des Europäischen Patentamts unter “News” am 20. Dezember 2002).

Diese Sachverhalte bezüglich des offiziellen Charakters der verfügbaren Informationen belegen, dass die Angaben im europäischen Patentregister ab dem Tag, an dem sie darin erscheinen, der Öffentlichkeit allgemein zugänglich sind.

Demzufolge ist eine Eintragung in das europäische Patentregister ebenso eine öffentliche Bekanntmachung wie eine Veröffentlichung im Europäischen Patentblatt.

10. Aus diesen Gründen kommt die Kammer zu dem Schluss, dass die Zurücknahme der Patentanmeldung der Öffentlichkeit mit dem entsprechenden Hinweis im europäischen Patentregister am 11. Januar 2003 offiziell bekannt gegeben wurde, d. h. vor dem Antrag auf Widerruf der Zurücknahme. Ein Dritter hätte zu diesem Zeitpunkt auch nach einer etwaigen Einsicht in die vollständige Akte keinen Grund zu der Annahme gehabt, dass die Zurücknahme ein Irrtum war und später widerrufen werden könnte.

Nach Auffassung der Kammer ist es auf Grund der Rechtssicherheit und der Abwägung der Interessen des Anmelders gegenüber denen Dritter unter den gegebenen Umständen nicht möglich, Regel 88 EPÜ anzuwenden, um den Widerruf der Zurücknahme der Patentanmeldung zuzulassen.

11. Da der Antrag auf Berichtigung der Zurücknahme der Patentanmeldung aus den oben genannten Gründen zurückzuweisen ist, muss im vorliegenden Fall nicht geprüft werden, ob weitere Erfordernisse für eine solche Berichtigung bestehen bzw. erfüllt sind.

Insbesondere ist es für die vorliegende Entscheidung unerheblich, dass zwischen dem Hinweis auf die Zurücknahme im europäischen Patentregister und dem Zeitpunkt, zu dem der Antrag auf Widerruf der Zurücknahme zur Akte genommen wurde, nur vier Tage vergangen sind.

Die offizielle öffentliche Bekanntmachung der Zurücknahme ist ein Schlüsselereignis, und in einem Fall wie dem vorliegenden, in dem ein Dritter zum Zeitpunkt dieser Bekanntmachung auch nach einer etwaigen Einsicht in die vollständige Akte keinen Grund zu der Annahme gehabt hätte, dass die Zurücknahme ein Irrtum war und später widerrufen werden könnte, wäre die Rechtssicherheit in unvertretbarer Weise beeinträchtigt, wenn ein solcher Widerruf doch noch erfolgen dürfte, und sei es auch nur innerhalb eines angeblich “kurzen” Zeitraums.

ENTSCHEIDUNGSFORMEL

Aus diesen Gründen wird entschieden:

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.