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European Case Law Identifier: ECLI:EP:BA:1998:J000796.19980120
Datum der Entscheidung: 20 Januar 1998
Aktenzeichen: J 0007/96
Anmeldenummer: 91915912.9
IPC-Klasse: G09F 3/02
Verfahrenssprache: EN
Verteilung: A
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Fassungen: OJ
Bezeichnung der Anmeldung: ETIKETT UND VERFAHREN ZU SEINER HERSTELLUNG
Name des Anmelders: Instance, David John
Name des Einsprechenden: Denny Bros Printing Ltd.
Kammer: 3.1.01
Leitsatz: Eine Entscheidung der Prüfungsabteilung über die Erteilung des europäischen Patents (Art. 97 (2) EPÜ) wird nicht mit Abschluß des Entscheidungsfindungsprozesses im schriftlichen Verfahren vor der Prüfungsabteilung, sondern an dem Tag wirksam, an dem im Europäischen Patentblatt auf die Erteilung hingewiesen wird (Art. 97 (4) EPÜ). In dem dazwischenliegenden Zeitraum ist das Erteilungsverfahren noch immer vor dem EPA anhängig, so daß ein Antrag auf Aussetzung des Verfahrens nach Regel 13 EPÜ zulässig ist.
Relevante Rechtsnormen:
European Patent Convention 1973 Art 60
European Patent Convention 1973 Art 61(1)
European Patent Convention 1973 Art 61(3)
European Patent Convention 1973 Art 64(1)
European Patent Convention 1973 Art 67
European Patent Convention 1973 Art 97(2)
European Patent Convention 1973 Art 97(4)
European Patent Convention 1973 Art 98
European Patent Convention 1973 Art 99(1)
European Patent Convention 1973 Art 105
European Patent Convention 1973 Art 106(1)
European Patent Convention 1973 R 13(1)
European Patent Convention 1973 R 13(3)
European Patent Convention 1973 R 14
European Patent Convention 1973 R 89
Schlagwörter: Erteilungsverfahren anhängig – bejaht
Aussetzung des Verfahrens – bejaht
Befassung der Großen Beschwerdekammer – verneint
Orientierungssatz:

Angeführte Entscheidungen:
G 0001/90
G 0004/91
G 0012/91
G 0003/92
J 0011/91
J 0016/91
J 0028/94
T 0146/82
Anführungen in anderen Entscheidungen:
J 0036/97
J 0007/00
J 0010/01
J 0006/03
J 0019/03
J 0023/03
J 0007/04
J 0008/04
J 0020/05
J 0015/06
J 0002/08
J 0006/10
J 0007/10
J 0009/12
J 0013/12
J 0017/12
J 0015/13
J 0024/13
J 0002/14
T 0973/12

Sachverhalt und Anträge

I. Die Euro-PCT-Anmeldung Nr. 91 915 912.9 wurde am 30. August 1991 von David John Instance eingereicht. Am 8. September 1995 gab die Prüfungsabteilung eine Entscheidung über die Erteilung des europäischen Patents nach Artikel 97 (2) EPÜ zur Poststelle des Europäischen Patentamts, die sie am 14. September 1995 mit eingeschriebenem Brief absandte. In der Entscheidung hieß es auch, daß der Erteilungshinweis im Europäischen Patentblatt Nr. 95/43 vom 25. Oktober 1995 bekanntgemacht werde.

II. Mit Schreiben vom 3. September 1995, das am 3. Oktober 1995 beim EPA einging, beantragte eine Dritte, Denny Bros Printing Limited, gemäß Regel 13 (1) EPÜ die Aussetzung des Verfahrens. Dem Schreiben lag eine Abschrift eines Schriftstücks zur Einleitung eines Verfahrens vor dem Comptroller des britischen Patentamts bei, in dem festgestellt werden soll, daß die Erfindung, die Gegenstand der Anmeldung Nr. 91 915 912.9 ist, Eigentum von Denny Bros Printing Limited ist.

III. Mit Bescheid vom 13. Oktober 1995 teilte die Rechtsabteilung dem Vertreter von Denny Bros Printing Limited mit, daß das Verfahren nicht ausgesetzt werden könne, weil der Erteilungsbeschluß bereits erlassen und am 14. September 1995 zur Post gegeben worden sei, bevor noch das Fax, mit dem die Aussetzung des Verfahrens beantragt worden sei, beim EPA eingegangen sei. In einem weiteren Fax vom 16. Oktober 1995 beantragte Denny Bros Printing Limited, daß noch vor Bekanntmachung des Hinweises auf die Erteilung des Patents am 25. Oktober 1995 eine beschwerdefähige Entscheidung erlassen werde, damit das Unternehmen vor dieser Bekanntmachung Beschwerde einlegen könne.

IV. Am 30. Oktober 1995 beschloß die Rechtsabteilung, den Antrag auf Aussetzung des Verfahrens zurückzuweisen, und begründete dies damit, daß die Prüfungsabteilung am Tag des Eingangs des Aussetzungsantrags die Erteilung des Patents auf die Anmeldung Nr. 91 915 912.9 bereits gemäß Artikel 97 (2) EPÜ beschlossen gehabt habe. In der Entscheidung hieß es, daß nur ein noch anhängiges Erteilungsverfahren nach Regel 13 EPÜ ausgesetzt werden könne und daß gemäß der Entscheidung G 12/91 (ABl. EPA 1994, 285) eine Entscheidung des EPA über die Erteilung des Patents von dem Zeitpunkt an für das Amt verbindlich sei, an dem sie der internen Poststelle übergeben werde. Im vorliegenden Fall sei dies am 8. September 1995 geschehen. Der Antrag auf Aussetzung des Verfahrens sei aber erst am 3. Oktober 1995 beim EPA eingegangen, als das Erteilungsverfahren bereits abgeschlossen und nicht mehr anhängig gewesen sei.

In der Entscheidung wurde auch unterschieden zwischen der Existenz und der Bindungswirkung des Erteilungsbeschlusses und dem Eintritt seiner Rechtswirkung für die Öffentlichkeit. Sobald letzterer erfolgt sei, müßten Mitbewerber die Rechte des Patentinhabers respektieren. Voraussetzung hierfür sei jedoch nach Artikel 64 (1) EPÜ die Bekanntmachung des Hinweises auf die Erteilung des Patents. Dementsprechend heiße es auch in der entsprechenden Bestimmung in Artikel 97 (4) EPÜ, daß die Entscheidung über die Erteilung des Patents erst an dem Tag wirksam werde, an dem im Europäischen Patentblatt auf die Erteilung hingewiesen worden sei. Bis dahin genieße der Anmelder den einstweiligen Schutz nach Artikel 67 EPÜ. Deshalb sei es in der Zwischenzeit noch möglich, Handlungen zur Anmeldung vorzunehmen. So könne nach der ständigen Praxis des EPA eine Anmeldung z. B. zurückgenommen oder übertragen werden, ja, der Anmelder könne sogar einzelne Benennungen zurücknehmen, wenn er dies wünsche. Allerdings dürfe die Prüfungsabteilung ihren eigenen Erteilungsbeschluß (außer natürlich im Fall einer zulässigen Beschwerde (Art. 106 (1) EPÜ)) nicht widerrufen oder abändern. Somit erschöpfe sich mit der Patenterteilung jeglicher Anspruch auf Erteilung des Patents, den ein Dritter, der nicht der Anmelder sei, gegenüber dem EPA geltend machen könnte.

Sollte ein nationales Gericht das Recht auf eine europäische Patentanmeldung einem Dritten zusprechen und dieses Urteil in dem Zeitraum zwischen dem Erlaß des Erteilungsbeschlusses und der Bekanntmachung des Hinweises auf die Patenterteilung beim EPA eingereicht werden, so würden mit Ergehen des Erteilungsbeschlusses alle in Artikel 61 (1) EPÜ verankerten Rechte des wahren Berechtigten nichtig. Die Entscheidung über die Erteilung des Patents an den bisherigen Anmelder könne nicht mehr widerrufen werden, und nach der Patenterteilung liege auch keine Anmeldung mehr vor, die nach Artikel 61 (1) a), b) oder c) EPÜ weiterverfolgt werden könnte.

V. Am 1. November 1995 wurde unter Entrichtung der Beschwerdegebühr Beschwerde eingelegt, die am 29. Februar 1996 begründet wurde. In ihrem Hauptantrag beantragte die Beschwerdeführerin, daß die Beschwerdekammer die Entscheidung der Rechtsabteilung vom 30. Oktober 1995 aufheben solle und daß das Verfahren zur Anmeldung Nr. 91 915 912.9 mit Wirkung vom 3. Oktober 1995 als nach Regel 13 EPÜ ausgesetzt gelten solle, d. h. ab dem Eingangsdatum des ursprünglichen Aussetzungsantrags. Sie beantragte ferner, daß eine Mitteilung veröffentlicht werde, wonach der Hinweis auf die Patenterteilung, der am 25. Oktober 1995 bekanntgemacht worden sei, zurückgenommen werde und rechtsunwirksam sei. Für den Fall, daß die Beschwerdekammer vorab die Auffassung vertrete, daß eine Aussetzung nicht gewährt werden könne, beantrage sie eine mündliche Verhandlung.

VI. In einem an den Anmelder und an die Beschwerdeführerin gerichteten Bescheid vom 23. Dezember 1996 teilte die Prüfungsabteilung den Beteiligten mit, daß nach Einlegung der Beschwerde, die aufschiebende Wirkung habe, die Bekanntmachung des Erteilungsbeschlusses verschoben und der Bekanntmachungstermin vom 25. Oktober 1995 aufgehoben werden müsse; die Aufhebung des Termins werde im Europäischen Patentblatt 97/06 vom 5. Februar 1997 veröffentlicht (vgl. J 28/94, ABl. EPA 1995, 742).

VII. In einem Bescheid nach Artikel 110 (2) EPÜ vom 16. Mai 1997 teilte die Kammer den Beteiligten mit, daß nach ihrer vorläufigen Auffassung der Antrag auf Aussetzung des Erteilungsverfahrens der Regel 13 (1) EPÜ entspreche und rechtzeitig eingereicht worden sei. Die Beschwerdeführerin habe nachgewiesen, daß sie am 3. Oktober 1995 ein Verfahren gegen den Anmelder vor dem britischen Patentamt mit dem Ziel eingeleitet habe, daß ihr das Eigentum an der Erfindung, die Gegenstand der streitigen Anmeldung sei, zugesprochen werde. Deshalb werde der Beschwerde und dem Aussetzungsantrag wahrscheinlich stattgegeben werden. Nach ihrer vorläufigen Auffassung werde die Erteilung eines europäischen Patents weder an dem Tag, an dem die Prüfungsabteilung die Erteilung beschließe, noch an dem Tag wirksam, an dem das EPA dem Anmelder mitteile, daß es ein Patent zu erteilen beabsichtige, sondern vielmehr an dem Tag, an dem im Europäischen Patentblatt auf die Erteilung hingewiesen werde (Art. 97 (4) EPÜ).

Sollte die Kammer die Aussetzung des Verfahrens beschließen, so wolle sie eventuell von ihrer Befugnis nach Regel 13 (3) EPÜ Gebrauch machen und einen Zeitpunkt festsetzen, zu dem das EPA das anhängige Verfahren fortzusetzen beabsichtige. Deshalb bitte sie die Beteiligten, ihr alle verfügbaren Informationen über den Fortgang des Verfahrens im Vereinigten Königreich zu liefern.

VIII. In ihrer Beschwerdebegründung und in der mündlichen Verhandlung brachte die Beschwerdeführerin sinngemäß folgendes vor:

Das EPÜ und seine Ausführungsordnung seien bei der Entscheidung gegen die Verfahrensaussetzung falsch ausgelegt worden. Nach Auffassung der Beschwerdeführerin sei eine Aussetzung des Verfahrens nicht in das Ermessen des EPA gestellt; nach Regel 13 EPÜ “setzt das Europäische Patentamt das Erteilungsverfahren aus”, wenn der entsprechende Nachweis erbracht werde. Da außerdem der Begriff “Erteilungsverfahren” im EPÜ nirgends definiert sei, sollte er in seiner üblichen Bedeutung verwendet werden, die auch den Zeitraum zwischen dem Ergehen des Erteilungsbeschlusses und dem Eintritt seiner Rechtswirkung einschließe, so daß das Verfahren noch bis zum letztgenannten Zeitpunkt anhängig sei. Jede anderslautende Auslegung würde dazu führen, daß das EPÜ in sich nicht mehr stimmig wäre, da Artikel 97 (4) EPÜ ausdrücklich vorsehe, daß die Entscheidung über die Erteilung des europäischen Patents erst an dem Tag wirksam werde, an dem im Europäischen Patentblatt auf die Erteilung hingewiesen werde. Außerdem würde eine solche anderslautende Auslegung zu einem Ungleichgewicht zwischen den Rechten des Anmelders und den Rechten desjenigen führen, der behaupte, der wahre Eigentümer zu sein. Obwohl es in Regel 14 EPÜ ausdrücklich heiße, daß weder die Patentanmeldung noch die Benennung eines Vertragsstaats zurückgenommen werden dürfe, solange ein Erteilungsverfahren nach Regel 13 EPÜ ausgesetzt sei, bestreite das EPA (und der Anmelder) nicht, daß der Anmelder in dem Zeitraum zwischen dem Erlaß des Erteilungsbeschlusses und seinem Wirksamwerden die Anmeldung oder die Benennung von Vertragsstaaten zurücknehmen könne. Zweck der Regeln 13 und 14 EPÜ sei die Wahrung des Status quo, bis die Anspruchsfrage geklärt sei, um Rechtsunsicherheit im Interesse der Öffentlichkeit zu vermeiden.

Da zudem sowohl in Artikel 106 (1) EPÜ, in dem es um beschwerdefähige Entscheidungen gehe, als auch in der Regel 13 EPÜ in der englischen Fassung der Ausdruck “suspension” (deutsch: “aufschiebende Wirkung” bzw. “Aussetzung”) gebraucht werde, dürften die beiden Bestimmungen keine unterschiedliche Wirkung haben (s. auch J 28/94, s. oben).

Die Beschwerdeführerin brachte ferner vor, daß es in der Entscheidung G 12/91 (ABl. EPA 1994, 285, s. Nr. IV) und den übrigen vom Anmelder angezogenen Entscheidungen der Großen Beschwerdekammer (G 1/90, ABl. EPA 1991, 275, G 4/91, ABl. EPA 1993, 339 und G 3/92, ABl. EPA 1994, 607, s. Nr. IX) um die Ermittlung des Zeitpunkts gehe, ab dem Eingaben der Beteiligten in den Verfahren vor dem EPA nicht mehr berücksichtigt würden. Außer in der Regel 78 (3) EPÜ sei sonst nirgends ausdrücklich festgelegt, zu welchem Zeitpunkt die Entscheidung im Einspruchs- oder Beschwerdeverfahren rechtswirksam werde. Im Falle von Erteilungsbeschlüssen hingegen sei in Artikel 97 (4) EPÜ ausdrücklich ein Zeitpunkt festgelegt, zu dem die Entscheidung wirksam werde. Nach Ansicht der Beschwerdeführerin könne deshalb die Entscheidung G 12/91, bei der es um den Entscheidungsfindungsprozeß im Einspruchsverfahren gegangen sei, nicht auf das Erteilungsverfahren angewandt werden, das einzige Verfahren, für das es im EPÜ ausdrückliche Bestimmungen über den Zeitpunkt des Eintritts der Rechtswirkung der Entscheidung gebe. Auch sei festzuhalten, daß die Entscheidung G 12/91 nirgends einen Hinweis darauf enthalte, daß die Entscheidung endgültig sei; dies sei ganz wichtig, weil jede Entscheidung der Einspruchsabteilung mit der Beschwerde angefochten werden könne, die aufschiebende Wirkung habe. In jedem Fall werde mit der Regel 13 EPÜ nur der Eintritt der Rechtswirkung der Entscheidung aufgeschoben; dafür sei aber weder eine Änderung der Entscheidung noch eine Wiederaufnahme der Prüfung erforderlich. Mit dem Erteilungsbeschluß werde lediglich ein Patent auf eine Anmeldung, nicht aber ein Patent für eine bestimmte Person erteilt; ebensowenig werde damit ein Patent mit Rechtswirkung ab einem bestimmten Zeitpunkt erteilt. Die Bezugnahmen in einer Entscheidung auf den Namen des Patentinhabers und den Tag der Bekanntmachung des Hinweises auf die Patenterteilung seien rein formale, für die Entscheidung nebensächliche Angaben. Andernfalls wäre es nicht möglich, die Übertragung einer Anmeldung nach Ergehen des Erteilungsbeschlusses einzutragen, was ständige Praxis sei.

Außerdem werde in der Entscheidung G 12/91 (s. oben) als Stichtag der Tag genannt, an dem eine Entscheidung dem Einwirkungsbereich der Abteilung entzogen werde, die sie erlassen habe. Für einen Aussetzungsantrag sei nur die Rechtsabteilung zuständig und nicht die Prüfungsabteilung, die die Patenterteilung beschlossen habe. Mit dem Antrag werde ein neues Verfahren eröffnet und nicht das Prüfungsverfahren wiederaufgenommen. Schon allein deshalb sei es verfehlt, die Entscheidung G 12/91 auf den vorliegenden Fall anzuwenden.

In der Entscheidung G 4/91 (s. oben) sei es um den in Artikel 105 EPÜ geregelten Beitritt eines vermeintlichen Patentverletzers zum Einspruchsverfahren gegangen. Wie die Große Beschwerdekammer darin festgestellt habe, setze ein solcher Beitritt voraus, daß ein Einspruchsverfahren zum Zeitpunkt der Beitrittserklärung anhängig sei; das Verfahren vor der Einspruchsabteilung werde mit dem Erlaß ihrer Entscheidung abgeschlossen, und zwar unabhängig davon, wann diese nach Ablauf der zweimonatigen Beschwerdefrist rechtskräftig werde. Auch diese Entscheidung sei ihres Erachtens nicht relevant. Darin sei es nämlich nicht um die Frage gegangen, ob der vermeintliche Verletzer Rechte an dem Patent habe, sondern darum, ob er gegen eine Entscheidung der Einspruchsabteilung auch dann Beschwerde einlegen könne, wenn weder der Patentinhaber noch der (die) Einsprechende(n) dies getan hätten. Auch hier müsse zwischen dem Einspruchsverfahren (für das es keine dem Artikel 97 (4) EPÜ entsprechende Bestimmung gebe) und dem Erteilungsverfahren unterschieden werden.

Artikel 61 (1) EPÜ kollidiere ihres Erachtens nicht mit der Bindungswirkung des Erteilungsbeschlusses, da letzterer nicht an den Anmelder gebunden sei, weshalb denn auch Änderungen in der Person des Anmelders regelmäßig nach Ergehen des Erteilungsbeschlusses eingetragen würden. Es sei Aufgabe des Amts sicherzustellen, daß rechtsgültige Patente erteilt würden; eine Aussetzung des Verfahrens auch noch nach Erlaß des Erteilungsbeschlusses nach Artikel 97 (2) EPÜ ermögliche eine Klärung des streitigen Anspruchs auf das Patent und die Erteilung eines gültigen Patents gemäß Artikel 61 (1) EPÜ. Die Eintragung eines Dritten, dem der Anspruch auf die Anmeldung und ein eventuell darauf erteiltes Patent zugesprochen worden sei, setze nicht die Aufhebung des ursprünglichen Erteilungsbeschlusses voraus. Bleibe die Anmeldung bis zur Bekanntmachung des Hinweises auf die Patenterteilung anhängig, so könne der Dritte im Hinblick auf Artikel 61 EPÜ die Anmeldung an Stelle des Anmelders als seine eigene weiterverfolgen (Art. 61 (1) a) EPÜ); es gebe keinen triftigen Grund, weshalb es nicht auch möglich sein sollte, eine neue europäische Patentanmeldung einzureichen (Art. 61 (1) b) EPÜ), und ein Antrag auf Zurückweisung der Anmeldung (Art. 61 (1) c) EPÜ) könne als Zurücknahme der Anmeldung angesehen werden (da laut der Entscheidung, mit der die Verfahrensaussetzung abgelehnt worden sei, eine Zurücknahme nach Erlaß des Erteilungsbeschlusses möglich sei).

Auf die Ankündigung der Kammer hin, daß sie eventuell von ihrer Befugnis nach Regel 13 (3) EPÜ Gebrauch machen und einen Zeitpunkt festsetzen wolle, zu dem das EPA das Verfahren fortsetzen werde, wandte die Beschwerdeführerin ein, daß es ihr lieber wäre, wenn die Kammer in diesem Stadium keinen Zeitpunkt festsetzte, weil nicht abzusehen sei, wie lange das Verfahren im Vereinigten Königreich dauern werde. Mit einer Entscheidung sei kaum vor Ende 1998 zu rechnen; das Erteilungsverfahren sollte nicht fortgesetzt werden, bevor nicht das Verfahren zur Geltendmachung des Anspruchs abgeschlossen sei.

IX. Der Anmelder (Beschwerdegegner) reichte auf den Bescheid der Kammer vom 22. September 1997 hin zwei getrennte Schriftsätze ein. Im ersten bat er die Kammer, im Falle einer Aussetzung des Verfahrens einen Zeitpunkt festzusetzen, zu dem das Verfahren vor dem EPA fortgesetzt werde, und zwar unabhängig vom Stand des Verfahrens im Vereinigten Königreich. Dieses könne sich nämlich einschließlich einer Beschwerde bis zu zwei Jahre hinziehen. In der Zwischenzeit sei die Rechtslage unklar, was den Interessen des Anmelders schade, weil er gegen eine Verletzung der Anmeldung nichts unternehmen könnte.

In seinem zweiten Schriftsatz beantragte der Anmelder die Zurückweisung der Beschwerde und die Fortsetzung des Erteilungsverfahrens zur streitigen Anmeldung. Ferner beantragte er eine mündliche Verhandlung. Zur Stützung seines Antrags reichte er am 16. Januar 1998 einen weiteren Schriftsatz ein. In diesen Schriftsätzen und in der späteren mündlichen Verhandlung brachte er sinngemäß folgendes vor:

Voraussetzung für einen Antrag auf Aussetzung des Verfahrens nach Regel 13 (1) EPÜ sei, daß überhaupt ein Erteilungsverfahren anhängig sei, das das EPA aussetzen könne. Hierzu gebe es keine Rechtsprechung der Beschwerdekammern. In der Sache T 146/82, in der das Verfahren ausgesetzt worden sei, sei das Erteilungsverfahren eindeutig noch anhängig gewesen, weil die Prüfungsabteilung die Erteilung noch nicht beschlossen gehabt habe. Im vorliegenden Fall sei der Erteilungsbeschluß aber erlassen worden, bevor der Aussetzungsantrag gestellt worden sei. Maßgebend dafür, ob ein nach Regel 13 (1) EPÜ aussetzbares Erteilungsverfahren noch anhängig sei, sei seines Erachtens der Tag, an dem der Erteilungsbeschluß gemäß Artikel 97 (2) EPÜ endgültig werde. Diese Auslegung trage dem Zweck der Regel 13 (1) EPÜ und des Artikels 61 (1) EPÜ Rechnung. Sie gewährleiste auch, daß die Rechte des Anmelders gewahrt blieben, nachdem die Entscheidung der Prüfungsabteilung gefallen sei. Und schließlich werde sie durch die Rechtsprechung der Beschwerdekammern bestätigt.

Zweck der Regel 13 (1) EPÜ sei es, einer Person die Aussetzung des Erteilungsverfahrens zu ermöglichen, um zu verhindern, daß die Anmeldung zur Erteilung gelange oder zurückgewiesen oder zurückgenommen werde, damit die Person, der letztlich durch eine rechtskräftige Entscheidung der Anspruch auf Erteilung des europäischen Patents zugesprochen werde, eine der in Artikel 61 (1) a), b) und c) EPÜ genannten Handlungen vornehmen könne. Dies sei jedoch nur möglich, wenn die Erteilung des europäischen Patents noch nicht endgültig sei. Es wäre sinnlos, eine Aussetzung zu erwirken, wenn die in Artikel 61 (1) EPÜ vorgesehenen Rechtsbehelfe nicht in Anspruch genommen werden könnten. Daraus folge, daß das Erteilungsverfahren nicht am Tag der Bekanntmachung des Hinweises auf die Erteilung nach Artikel 97 (4) EPÜ, sondern schon früher, nämlich an dem Tag abgeschlossen sei, an dem der Erteilungsbeschluß nach Artikel 97 (2) endgültig werde. Dieser frühere Zeitpunkt begründe unwiderruflich die Rechte des Anmelders im Verhältnis zwischen diesem und dem EPA. Diese Rechte könnten ihm nicht wieder genommen oder im Wege des Artikels 61 (1) EPÜ oder der Regel 13 (1) EPÜ jemand anders zugesprochen werden. Zur Bekräftigung seiner Behauptung brachte der Anmelder vor, daß mit dieser Auslegung ein faires Gleichgewicht zwischen den Rechten des Anmelders und denen des Dritten hergestellt würde. Sobald die Prüfungsabteilung die Erteilung beschlossen habe, habe der Anmelder Anspruch auf Erteilung eines auf ihn lautenden Patents. Es stehe ihm auch frei, in dem Zeitraum zwischen dem Ergehen des Erteilungsbeschlusses und der Bekanntmachung des Hinweises auf die Erteilung auf seine Rechte zu verzichten oder sie jemand anders zu übertragen. Der Anmelder bestritt in diesem Zusammenhang auch nicht, daß die Anmeldung in diesem Zeitraum noch immer beim EPA anhängig sei, machte aber geltend, daß dies unerheblich sei, weil sich die Regel 13 (1) EPÜ nur auf die Aussetzung des “Erteilungsverfahrens” beziehe, das abgeschlossen sei, sobald die Patenterteilung beschlossen sei. Würde man die Frist für die Aussetzung des Verfahrens bis zur Bekanntmachung des Erteilungshinweises ausdehnen, so würde man damit nur den Zeitraum unnötig verlängern, in dem die noch unbewiesenen Ansprüche eines Dritten zum Nachteil des Anmelders geschützt werden müßten.

Der Anmelder machte auch geltend, daß seine Auslegung des Begriffs “Erteilungsverfahren” durch eine Reihe von Entscheidungen der Großen Beschwerdekammer und der Juristischen Beschwerdekammer bestätigt werde. In den Entscheidungen G 1/90 (s. oben) und G 4/91 (s. oben) in Verbindung mit anderen Entscheidungen, insbesondere den Entscheidungen G 12/91 (s. oben) und G 3/92 (s. oben), werde ganz klar festgestellt, daß das in Regel 13 (1) EPÜ erwähnte “Erteilungsverfahren” mit Erlaß des Erteilungsbeschlusses nach Artikel 97 (2) EPÜ abgeschlossen sei und somit nicht mehr ausgesetzt werden könne. Die Entscheidung G 1/90 besage eindeutig (Nr. 5 der Entscheidungsgründe), daß der Erteilungsbeschluß nach Artikel 97 (2) EPÜ das Erteilungsverfahren abschließe. In der Entscheidung G 4/91 heiße es (Nr. 7 der Entscheidungsgründe), daß mit dem Erlaß einer Entscheidung der Einspruchsabteilung das Einspruchsverfahren abgeschlossen sei, und zwar unabhängig davon, wann sie rechtskräftig werde; ein vermeintlicher Verletzer könne dem Einspruchsverfahren dann nicht mehr beitreten, weil es beendet sei. Analog dazu werde mit dem Erteilungsbeschluß das Erteilungsverfahren abgeschlossen. Ferner habe die Große Beschwerdekammer in der Entscheidung G 3/92 festgestellt (Nr. 5.3 der Entscheidungsgründe), daß der Artikel 61 (1) EPÜ in Verbindung mit den Regeln 13 bis 15 EPÜ nur auf den Verfahrensabschnitt “vor Erlaß einer Entscheidung auf Erteilung eines Patents … bis hin zur Entscheidung selbst” anwendbar sei, aber nicht mehr zum Tragen komme, sobald die Entscheidung über die Patenterteilung im Sinne der Entscheidung G 12/91 endgültig sei. In den Entscheidungen J 11/91 und J 16/91 (ABl. EPA 1994, 28) habe die Juristische Beschwerdekammer die Bedeutung und die Wechselbeziehung zwischen Artikel 97 (2) und 97 (4) EPÜ erörtert und unter anderem folgendes festgestellt: “(Die Kammer) ist allerdings der Auffassung, daß der Tag, an dem die Erteilung gemäß Artikel 97 (2) EPÜ beschlossen wird, der maßgebende Zeitpunkt für das Verhältnis zwischen dem EPA und dem Anmelder ist” (Nr. 2.4 und 2.6 der Gründe).

Der Anmelder machte ferner geltend, daß die in Artikel 106 (1) EPÜ verankerte aufschiebende Wirkung der Beschwerde die Prüfungs- und die Einspruchsabteilung nicht ermächtige, den Erteilungsbeschluß rückwirkend aufzuheben (vgl. Nr. VI).

Abschließend beantragte der Anmelder in der mündlichen Verhandlung, daß die Beschwerde zurückgewiesen oder hilfsweise der Großen Beschwerdekammer folgende Rechtsfrage vorgelegt werde:

Wird das Erteilungsverfahren vor einer Prüfungsabteilung mit der Entscheidung über die Erteilung eines europäischen Patents abgeschlossen, und zwar unabhängig davon, wann diese Entscheidung wirksam wird?

Entscheidungsgründe

1. Die Beschwerde ist zulässig.

2. Aussetzung des Verfahrens

2.1 In Regel 13 (1) EPÜ heißt es wie folgt: Weist ein Dritter dem EPA nach, daß er ein Verfahren gegen den Anmelder eingeleitet hat, in dem der Anspruch auf Erteilung des europäischen Patents ihm zugesprochen werden soll, so setzt das EPA das Erteilungsverfahren aus, es sei denn, daß der Dritte der Fortsetzung des Verfahrens zustimmt. Im vorliegenden Fall hat die Dritte, die Beschwerdeführerin, die die Aussetzung des Erteilungsverfahrens beantragt hat, seiner Fortsetzung nicht zugestimmt. Nach der Rechtsprechung der Beschwerdekammern muß die Aussetzung des Verfahrens angeordnet werden, wenn ein Dritter dem EPA nachweist, daß er bei einem nationalen Gericht ein rechtserhebliches Verfahren eingeleitet hat (T 146/82, ABl. EPA 1985, 267). Nach Ansicht der Kammer ist es selbstverständlich, daß ein Antrag auf Aussetzung des Verfahrens nur berücksichtigt werden kann, wenn tatsächlich ein Verfahren vor dem EPA anhängig ist.

2.2 Die Regel 13 EPÜ muß im Gesamtzusammenhang des Europäischen Patentübereinkommens und insbesondere im Zusammenhang mit Artikel 61 EPÜ und Regel 14 EPÜ betrachtet werden. Diese Vorschriften bilden Teil eines im EPÜ vorgesehenen Rechtszugssystems zur Klärung eines strittigen Anspruchs auf eine europäische Patentanmeldung und zur Umsetzung der getroffenen Entscheidung. Den Materialien zum EPÜ ist eindeutig zu entnehmen, daß die Bereitstellung eines solchen Systems für wichtig angesehen wurde, damit Rechtsstreitigkeiten über den Anspruch durch eine rechtskräftige nationale Gerichtsentscheidung geklärt und diese Entscheidung dann vom EPA zentral für alle benannten Staaten umgesetzt werden kann (s. Dokument IV/2498/1/61-D, S. 17 ff.). Die genannten Vorschriften müssen in diesem Kontext und unter Berücksichtigung des Ziels und Zwecks dieses Rechtszugssystems ausgelegt werden (vgl. G 3/92 – s. oben-, Nr. 1 der Gründe).

2.3 Artikel 61 (1) EPÜ regelt die Verfahrensrechte einer Person, der durch rechtskräftige Entscheidung eines nationalen Gerichts der Anspruch auf die Erteilung eines europäischen Patents an Stelle des Anmelders zugesprochen worden ist, und eröffnet ihr die Möglichkeit, bestimmte vorgeschriebene Handlungen im Zusammenhang mit der Anmeldung vorzunehmen, “sofern das europäische Patent noch nicht erteilt worden ist”. Diese Person kann a) die Anmeldung an Stelle des Anmelders als eigene Anmeldung weiterverfolgen, b) eine neue europäische Patentanmeldung für dieselbe Erfindung einreichen oder c) beantragen, daß die europäische Patentanmeldung zurückgewiesen wird. Regel 13 EPÜ sieht eine Aussetzung des Verfahrens während des Zeitraums vor, in dem der Dritte auf gerichtlichem Weg den Anspruch auf Erteilung des europäischen Patents geltend macht, und soll die Rechte des Dritten während der Dauer des Verfahrens zur Geltendmachung des Anspruchs sichern. Demselben Zweck dient auch die Regel 14 EPÜ, die vorschreibt, daß von dem Tag an, an dem ein Dritter dem Europäischen Patentamt nachweist, daß er ein Verfahren zur Geltendmachung des Anspruchs auf Erteilung des europäischen Patents eingeleitet hat, bis zu dem Tag, an dem das Europäische Patentamt das Erteilungsverfahren fortsetzt, weder die europäische Patentanmeldung noch die Benennung eines Vertragsstaats zurückgenommen werden darf.

2.4 Bei den Regeln 13 und 14 EPÜ handelt es sich um Ausführungsvorschriften zu Artikel 61 EPÜ. Sie setzen voraus, daß die frühere Anmeldung (des unberechtigten Anmelders) zu dem Zeitpunkt noch anhängig ist, zu dem der Dritte, der der berechtigte Anmelder zu sein behauptet, ein Verfahren vor einem nationalen Gericht eines Vertragsstaats einleitet, in dem ihm der Anspruch auf Erteilung des Patents zugesprochen werden soll, und sind zur Anwendung in diesem Fall gedacht.

3. Im vorliegenden Fall hat die Beschwerdeführerin als Dritte im Sinne der Regel 13 (1) EPÜ nachgewiesen, daß am 3. Oktober 1995 ein rechtserhebliches Verfahren vor dem britischen Patentamt gegen den Patentanmelder anhängig war, in dem ihr das Eigentum an der Erfindung, die Gegenstand der Anmeldung Nr. 91 915 912.9 ist, zugesprochen werden soll. Dieser Tatbestand wird auch nicht angezweifelt, und das Verfahren läuft noch auf nationaler Ebene. An dem Tag, an dem der Antrag auf Aussetzung des Erteilungsverfahrens beim EPA einging, nämlich am 3. Oktober 1995, hatte die Prüfungsabteilung gemäß Artikel 97 (2) EPÜ beschlossen gehabt, dem Anmelder ein europäisches Patent zu erteilen; die Entscheidung über die Patenterteilung war jedoch noch nicht wirksam geworden, weil im Europäischen Patentblatt noch nicht nach Artikel 97 (4) EPÜ auf die Erteilung hingewiesen worden war. Infolgedessen war zum Zeitpunkt der Stellung des Aussetzungsantrags die Patentanmeldung noch immer vor dem EPA anhängig – wie auch der Anmelder einräumt.

4.1 Die erste Instanz argumentierte in ihrer Entscheidung, daß das Erteilungsverfahren nur ausgesetzt werden könne, wenn es noch vor dem EPA anhängig sei. Sie vertrat jedoch die Auffassung, daß das Erteilungsverfahren abgeschlossen sei und der Erteilungsbeschluß nach Artikel 97 (2) EPÜ für das EPA verbindlich werde, sobald er endgültig sei. Danach könne die Entscheidung nicht mehr geändert werden; somit könnten Anträge Dritter nicht mehr berücksichtigt werden, und das Verfahren könne nicht mehr ausgesetzt werden. Unter Berufung auf die Entscheidung der Großen Beschwerdekammer G 12/91 (s. oben) begründete die erste Instanz dies damit, daß der Entscheidungsfindungsprozeß im schriftlichen Verfahren zu dem Zeitpunkt abgeschlossen sei, zu dem die Formalprüfungsstelle der Abteilung, die die Erteilung des Patents beschlossen habe, die Entscheidung der Poststelle des EPA zum Zweck der Zustellung an den Anmelder übergeben habe. Im vorliegenden Fall sei dies am 8. September 1995 geschehen, also vor Stellung des Antrags auf Aussetzung des Verfahrens.

4.2 Die erste Instanz führte ferner aus, daß der Erteilungsbeschluß nach Artikel 97 (2) EPÜ nicht mehr aufgehoben oder geändert werden könne und deshalb weder ein Anspruch auf Erteilung, den ein Dritter gegenüber dem EPA geltend machen könnte, noch eine Anmeldung mehr vorliege, die nach Artikel 61 (1) a), b) oder c) EPÜ weiterverfolgt werden könnte, falls dem Dritten durch eine rechtskräftige Entscheidung eines nationalen Gerichts der Anspruch auf Erteilung des europäischen Patents zugesprochen würde.

5.1 Der Anmelder argumentierte ähnlich, unterschied jedoch zwischen der Anhängigkeit der Anmeldung und dem noch laufenden Erteilungsverfahren. Er bestreitet nicht, daß die Anmeldung noch bis zu dem Tag, an dem nach Artikel 97 (4) EPÜ auf die Erteilung hingewiesen wird, vor dem EPA anhängig ist, behauptet aber, daß gemäß Regel 13 (1) EPÜ das “Erteilungsverfahren” noch zu dem Zeitpunkt vor der Prüfungsabteilung anhängig sein müsse, zu dem ein Antrag auf Aussetzung des Verfahrens nach dieser Regel gestellt werde. Habe die Prüfungsabteilung die Erteilung des europäischen Patents erst einmal beschlossen und sei die Entscheidung der Poststelle des EPA übergeben worden (vgl. G 12/91, s. oben), so sei das Erteilungsverfahren abgeschlossen; es gebe dann kein “Erteilungsverfahren” mehr, das nach Regel 13 (1) EPÜ ausgesetzt werden könnte.

5.2 Zur Untermauerung dieses Arguments hat der Anmelder eine Reihe von Entscheidungen der Großen Beschwerdekammer angezogen (vgl. Nr. IX).

5.3 Er brachte ferner vor, daß der Ausdruck “Erteilungsverfahren” in Regel 13 (1) EPÜ unter dem Aspekt interpretiert werden müsse, daß ein Dritter, dem der Anspruch auf Erteilung eines europäischen Patents zugesprochen worden sei, in der Lage sein müsse, das Verfahren mit einer der drei in Artikel 61 (1) EPÜ genannten Handlungen fortzusetzen. Sei aber die Entscheidung über die Erteilung nach Artikel 97 (2) EPÜ erst einmal endgültig, so hätte dieser Dritte keinerlei Ansprüche im Sinne des Artikels 61 EPÜ mehr.

6.1 Die Kammer teilt die Auffassung der ersten Instanz und des Anmelders nicht, daß das Erteilungsverfahren an dem Tag endet, an dem die Prüfungsabteilung die Erteilung eines europäischen Patents nach Artikel 97 (2) EPÜ beschließt. Zwar ist dies der Zeitpunkt, zu dem der Entscheidungsfindungsprozeß zur Anmeldung innerhalb der Prüfungsabteilung abgeschlossen ist; sowohl das EPA als auch der Anmelder sind dann durch die Entscheidung gebunden, was die Fassung anbelangt, in der das Patent erteilt werden soll, also die Ansprüche, die Beschreibung und die Zeichnungen. Der Gegenstand des Patents wird mit diesem Tag res judicata. Danach kann das EPA seine Entscheidung nicht mehr ändern und muß von den Beteiligten eventuell noch eingereichtes neues Material unberücksichtigt lassen (vgl. G 12/91 sowie J 11/91 und J 16/91 (s. oben), Nr. 2.5 und 2.6 der Entscheidungsgründe). Nur sprachliche Fehler, Schreibfehler und offenbare Unrichtigkeiten dürfen noch gemäß Regel 89 EPÜ berichtigt werden. Der Tag, an dem die Erteilung des europäischen Patents beschlossen wird, ist somit eindeutig maßgebend für das EPA und den Anmelder. Aus dem Wortlaut des Artikels 60 (3) EPÜ geht aber klar hervor, daß im Erteilungsbeschluß nicht festgestellt wird, wer der Patentinhaber ist. Dort heißt es nämlich: “Im Verfahren vor dem Europäischen Patentamt gilt der Anmelder als berechtigt, das Recht auf das europäische Patent geltend zu machen.” Es besteht demnach nur eine Berechtigungsvermutung, die entsprechend den Bestimmungen des Artikels 61 EPÜ und der Regel 13 EPÜ entkräftet werden kann. Ebenso wird in Artikel 64 (1) EPÜ klargestellt, daß der Erteilungsbeschluß nach Artikel 97 (2) EPÜ dem Patentinhaber erst vom Tag der Bekanntmachung des Hinweises auf die Erteilung an Rechte in den benannten Vertragsstaaten gewährt.

6.2 Nach Artikel 97 (4) EPÜ wird die in Artikel 97 (2) EPÜ genannte Entscheidung über die Erteilung des europäischen Patents erst an dem Tag wirksam, an dem im Europäischen Patentblatt auf die Erteilung hingewiesen wird. Dieser Hinweis wird frühestens drei Monate nach Beginn der in Artikel 97 (2) b) EPÜ genannten Frist für die Entrichtung der Erteilungs- und der Druckgebühr bekanntgemacht. Erst mit dieser Bekanntmachung gewährt nach Artikel 64 (1) EPÜ ein europäisches Patent seinem Inhaber in jedem Vertragsstaat, für den es erteilt ist, dieselben Rechte, die ihm ein in diesem Staat erteiltes nationales Patent gewähren würde (vgl. Singer, Europäisches Patentübereinkommen, 1989, Art. 97.14 EPÜ). Das EPA gibt gleichzeitig mit der Bekanntmachung des Hinweises auf die Erteilung des europäischen Patents eine Patentschrift heraus, in der die Beschreibung, die Ansprüche und die Zeichnungen enthalten sind. Somit ist der Tag der Bekanntmachung des Hinweises auf die Erteilung des Patents auch der Tag, an dem die Fassung des Patents der Öffentlichkeit zugänglich gemacht wird (Art. 98 EPÜ). Mit diesem Tag endet die Zuständigkeit des EPA und beginnt diejenige der nationalen Patentsysteme; das erteilte Patent zerfällt in ein Bündel nationaler Patente. Mit diesem Tag beginnt auch die Frist, innerhalb deren Einspruch eingelegt werden kann (Art. 99 (1) EPÜ). Somit ist der Tag der Bekanntmachung des Hinweises auf die Erteilung des Patents der Tag, an dem die Patenterteilung gegenüber Dritten rechtswirksam wird und an dem der Umfang des dem Anmelder gewährten Schutzes durch die gleichzeitig veröffentlichte Patentschrift nach Artikel 98 EPÜ ein für allemal festgelegt wird.

6.3 Im Zeitraum zwischen dem Erlaß des Erteilungsbeschlusses (Art. 97 (2) EPÜ) und der Bekanntmachung des Hinweises auf die Erteilung (Art. 97 (4) EPÜ) gilt die Anmeldung immer noch als vor dem EPA anhängig. Wie die erste Instanz in ihrer Entscheidung selbst einräumt und der Anmelder auch nicht bestreitet, ist es nach der ständigen Praxis des EPA in diesem Zeitraum noch möglich, im begrenzten Umfang Handlungen zur Anmeldung vorzunehmen, sie z. B. zurückzunehmen oder zu übertragen. Der Anmelder kann sogar auf Wunsch einzelne Benennungen zurücknehmen. Das EPA wiederum hat in diesem Zeitraum nach wie vor bestimmte Rechte und Pflichten im Zusammenhang mit dem Patent: So werden beispielsweise Jahresgebühren fällig, und es müssen Rechtsübergänge vom Amt eingetragen werden.

6.4 Was die Behauptung des Anmelders anbelangt, daß seine Auslegung des Begriffs “Erteilungsverfahren” durch eine Reihe von Entscheidungen der Großen Beschwerdekammer bestätigt werde, so hat er nach Ansicht der Kammer diese Entscheidungen mißverstanden. In keinem der angezogenen Fälle ging es – wie hier – um den Unterschied zwischen der Rechtswirkung des Artikels 97 (2) EPÜ und derjenigen des Artikels 97 (4) EPÜ. In der Sache G 1/90 stellte sich die Frage, ob der Widerruf eines Patents nach Artikel 102 (4) und (5) EPÜ in Form einer Entscheidung auszusprechen ist. Über den Abschluß des Erteilungsverfahrens nach Artikel 97 (2) EPÜ heißt es darin nur, daß in diesem Stadium die Prüfungsabteilung eine Entscheidung erläßt (Nr. 5 der Entscheidungsgründe). Dieser Bezugnahme ist demnach nichts zu entnehmen, was für den vorliegenden Fall relevant wäre. In den Entscheidungen G 4/91 und G 12/91 ging es darum, ab welchem Verfahrensstadium die Prüfungs- oder die Einspruchsabteilung nicht mehr befugt ist, die Entscheidung zu ändern oder neues Vorbringen der Beteiligten zum Wortlaut der Anmeldung oder des Patents zu berücksichtigen. Wie bereits gesagt, sind nach geltendem Recht sowohl das EPA als auch der Anmelder durch die Entscheidung gebunden, mit der die Prüfungsabteilung die Erteilung des Patents beschlossen hat (vgl. Nr. 6). In der Entscheidung G 4/91 wurde festgestellt, daß das Einspruchsverfahren mit dem Erlaß einer Entscheidung zu den sachlichen Streitfragen endgültig abgeschlossen wird, sofern nicht fristgerecht Beschwerde eingelegt wird. In jenem Fall ging es um einen vermeintlichen Verletzer, der dem Einspruchsverfahren beitreten wollte, nachdem die Entscheidung bereits getroffen, aber noch nicht rechtskräftig war, weil die Beschwerdefrist noch nicht abgelaufen war. Der Anmelder versucht nun, daraus zu folgern, daß auch das Erteilungsverfahren mit Erlaß des Erteilungsbeschlusses abgeschlossen wird. Was das Wirksamwerden einer Entscheidung anbelangt, so ist hier jedoch die Rechtslage im Erteilungsverfahren ganz anders als im Einspruchsverfahren. Artikel 97 (4) EPÜ besagt ausdrücklich, daß die Entscheidung über die Erteilung erst an dem Tag wirksam wird, an dem im Europäischen Patentblatt auf die Erteilung hingewiesen wird. Außerdem geht aus den Materialien zum EPÜ unmißverständlich hervor, daß Artikel 97 (4) EPÜ diese Absicht zugrunde lag: “Nach der Neufassung beschließt die Prüfungsabteilung über die Erteilung des Patents; dieser Beschluß wird aber erst an dem Tage wirksam, an dem der Hinweis auf diese Erteilung im Europäischen Patentblatt bekanntgemacht wird” (Dokument BR/177 d/72, S. 13). Für das Einspruchsverfahren gibt es keine entsprechende Vorschrift; der Anmelder kann sich also nicht auf die Entscheidung G 4/91 berufen. Ebensowenig ist die Kammer der Auffassung, daß die vom Anmelder angeführte Textstelle aus der Entscheidung G 3/92 (vgl. Nr. 5.3 der Entscheidungsgründe) so auszulegen ist, wie er dies in seinem Vorbringen getan hat; in jener Entscheidung der Großen Beschwerdekammer ging es um ein ganz anderes Problem. Auch die angezogenen Passagen aus den Entscheidungen J 11/91 und J 16/91 (Nr. 2.4 und 2.6 der Entscheidungsgründe) enthalten nichts, was die Auffassung des Anmelders bestätigen könnte.

7. Für die vom Anmelder geltend gemachte Definition des Begriffs “Erteilungsverfahren” gibt es keine Grundlage im Europäischen Patentübereinkommen. Vielmehr wird das “Erteilungsverfahren” – so die Überschrift von Teil IV des Übereinkommens – dort in den Artikeln 90 bis 98 EPÜ ausführlich definiert und beschrieben. Aus diesen Vorschriften des EPÜ geht eindeutig hervor, daß das Erteilungsverfahren auch das in Artikel 98 EPÜ vorgesehene Verfahren einschließt. Dort heißt es: “Das Europäische Patentamt gibt gleichzeitig mit der Bekanntmachung des Hinweises auf die Erteilung des europäischen Patents eine europäische Patentschrift heraus, in der die Beschreibung, die Patentansprüche und gegebenenfalls die Zeichnungen enthalten sind.”

8. Regel 14 EPÜ besagt: “Von dem Tag an, an dem ein Dritter dem Europäischen Patentamt nachweist, daß er ein Verfahren zur Geltendmachung des Anspruchs auf Erteilung des europäischen Patents eingeleitet hat, bis zu dem Tag, an dem das Europäische Patentamt das Erteilungsverfahren fortsetzt, darf weder die europäische Patentanmeldung noch die Benennung eines Vertragsstaats zurückgenommen werden.” Mit dieser Vorschrift soll der Dritte, der nach Regel 13 (1) EPÜ die Aussetzung des Verfahrens beantragt, geschützt und der ursprüngliche Anmelder daran gehindert werden, den Dritten in seinen Rechten zu beeinträchtigen. Der Anmelder bestreitet im vorliegenden Fall auch nicht, daß im Zeitraum zwischen dem Erlaß des Erteilungsbeschlusses und der Bekanntmachung des Hinweises auf die Erteilung ein Anmelder die Anmeldung zurücknehmen und ein Dritter, dem Rechte vertraglich übertragen worden sind, den Rechtsübergang beim EPA eintragen lassen kann. Angesichts des Zwecks der Regel 14 EPÜ wäre es ganz und gar unbillig, wenn in dieser Zwischenzeit ein Anmelder zwar die Anmeldung zurücknehmen könnte, einem Dritten aber die Aussetzung des Verfahrens nach Regel 13 (1) EPÜ verweigert und damit die Möglichkeit genommen würde zu beweisen, daß er der rechtmäßige Eigentümer der Anmeldung ist. Jede anderslautende Auslegung liefe zudem dem Ziel und Zweck des Artikels 61 EPÜ und der Regel 13 EPÜ zuwider, nämlich ein zentrales Verfahren für die Regelung von Streitigkeiten über den Anspruch auf das Patent in dem Zeitraum bereitzustellen, in dem das EPA für die Anmeldung zuständig ist (vgl. Nr. 2.2). Die innere Logik dieses Systems würde zerstört, wenn zwischen dem Erlaß des Erteilungsbeschlusses und der Bekanntmachung des Hinweises auf die Erteilung eine Zuständigkeitslücke klaffte, in der weder das EPA noch die nationalen Patentsysteme für die Anmeldung zuständig wären.

9. Was das Verhältnis zwischen Regel 13 EPÜ und Artikel 61 EPÜ anbelangt, so kann sich die Kammer dem Argument nicht anschließen, es existiere – da ja der Erteilungsbeschluß nach Artikel 97 (2) EPÜ weder aufgehoben noch geändert werden könne – weder ein Anspruch auf das Patent, den der Dritte, dem er zugesprochen worden sei, gegenüber dem EPA geltend machen könnte, noch eine Anmeldung, die nach Artikel 61 EPÜ weiterverfolgt werden könnte. Nach der Entscheidung über die Erteilung nach Artikel 97 (2) EPÜ ist die Anmeldung noch immer vor dem EPA anhängig, da das Erteilungsverfahren noch nicht abgeschlossen ist (Art. 97 (4) und 98 EPÜ). Dem Dritten stünde es also frei, mindestens von einer der in Artikel 61 (1) a) EPÜ vorgesehenen Möglichkeiten Gebrauch zu machen und “die europäische Patentanmeldung an Stelle des Anmelders als eigene Anmeldung weiter[zu]verfolgen” (vgl. G 3/92, Nr. 5.8 der Entscheidungsgründe). Dem Wortlaut des Artikels 61 EPÜ in den drei Amtssprachen ist eindeutig zu entnehmen, daß es sich bei diesen Optionen um Alternativen handelt, da in ihrer Auflistung vor der letzten Option das Wort “oder”, “or” bzw. “ou” steht. Der Dritte braucht nicht alle diese Optionen ausüben zu können. Deshalb braucht die Kammer hier nicht zu prüfen, ob ein Dritter auch die beiden anderen Optionen, nämlich die Beantragung der Zurückweisung der Anmeldung (Art. 61 (1) b) EPÜ) und die Einreichung einer neuen europäischen Patentanmeldung für dieselbe Erfindung (Art. 61 (1) c) EPÜ), ausüben könnte.

10. Zusammenfassend stellt die Kammer fest, daß eine Entscheidung der Prüfungsabteilung über die Erteilung des europäischen Patents (Art. 97 (2) EPÜ) nicht an dem Tag wirksam wird, an dem der Entscheidungsfindungsprozeß im schriftlichen Verfahren vor der Abteilung abgeschlossen ist, sondern an dem Tag, an dem im Europäischen Patentblatt auf die Erteilung hingewiesen wird (Art. 97 (4) EPÜ). Das bedeutet, daß an dem Tag, an dem im vorliegenden Fall der Antrag auf Aussetzung des Verfahrens beim EPA gestellt wurde, das Erteilungsverfahren noch vor dem EPA anhängig war und das europäische Patent noch nicht erteilt war.

11. Der Antrag auf Aussetzung des Erteilungsverfahrens entspricht somit der Regel 13 (1) EPÜ und wurde rechtzeitig gestellt. Die Beschwerdeführerin hat nachgewiesen, daß am 3. Oktober 1995 ein Verfahren vor dem britischen Patentamt gegen den Anmelder lief, in dem ihr das Eigentum an der Erfindung, die Gegenstand der Anmeldung Nr. 91 915 912.9 ist, zugesprochen werden soll. Der Beschwerde muß daher stattgegeben werden.

12. Die Kammer hat beschlossen, nicht von ihrer Befugnis nach Regel 13 (3) EPÜ Gebrauch zu machen und einen Zeitpunkt festzusetzen, zu dem das EPA das vor ihm anhängige Verfahren fortzusetzen beabsichtigt, da derzeit noch nicht abzusehen ist, wann das Verfahren im Vereinigten Königreich zur Geltendmachung des Anspruchs abgeschlossen wird.

13. Zu der Behauptung, die Prüfungsabteilung habe ihre Befugnis überschritten, als sie den am 25. Oktober 1995 bekanntgemachten Hinweis auf die Erteilung für ungültig erklärt habe (vgl. Nr. VI und IX), möchte die Kammer noch folgendes anmerken: In der Sache J 28/94 (s. oben) hatte diese Kammer entschieden, daß die aufschiebende Wirkung einer Beschwerde nach Artikel 106 (1) EPÜ den Eintritt der Rechtswirkung der angefochtenen Entscheidung bis zum Abschluß des Beschwerdeverfahrens verhindert. Andernfalls würde die Beschwerde gegenstandslos. Wenn also eine Entscheidung, mit der ein Aufschub der Bekanntmachung des Hinweises auf die Erteilung des Patents abgelehnt wurde, mit einer Beschwerde angefochten wird, dann muß die Bekanntmachung bis zum Abschluß des Beschwerdeverfahrens aufgehalten werden. Ist die Bekanntmachung – wie hier – vor Einlegung der Beschwerde erfolgt, so muß das EPA geeignete Maßnahmen ergreifen, um die Öffentlichkeit über die Ungültigkeit des Hinweises auf die Erteilung zu unterrichten. Mit der rückwirkenden Ungültigerklärung des Hinweises auf die Erteilung im Europäischen Patentblatt hat die Prüfungsabteilung im vorliegenden Fall voll und ganz im Einklang mit Artikel 106 (1) EPÜ gehandelt.

14. Aus den unter Nr. 2 und 6 bis 11 dargelegten Gründen vertritt die Kammer die Auffassung, daß die Rechtsfrage, die auf Antrag des Anmelders der Großen Beschwerdekammer vorgelegt werden sollte, durch die Begründung dieser Entscheidung umfassend beantwortet wurde und daher kein Grund nach Artikel 112 EPÜ zur Befassung der Großen Beschwerdekammer vorliegt.

ENTSCHEIDUNGSFORMEL

Aus diesen Gründen wird entschieden:

1. Der Antrag des Beschwerdegegners auf Befassung der Großen Beschwerdekammer wird zurückgewiesen.

2. Die angefochtene Entscheidung wird aufgehoben.

3. Das Verfahren vor dem EPA zur Patentanmeldung Nr. 91 915 912.9 wird gemäß Regel 13 (1) EPÜ rückwirkend zum 3. Oktober 1995 ausgesetzt.