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European Case Law Identifier: ECLI:EP:BA:2000:T063197.20000217
Datum der Entscheidung: 17 Februar 2000
Aktenzeichen: T 0631/97
Anmeldenummer: 88311511.5
IPC-Klasse: H01L 21/22
Verfahrenssprache: EN
Verteilung: A
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Fassungen: OJ
Bezeichnung der Anmeldung: Herstellen von dotierten Gebieten mittels Phosphor und Arsen
Name des Anmelders: KABUSHIKI KAISHA TOSHIBA
Name des Einsprechenden:
Kammer: 3.4.03
Leitsatz: Unterläßt es ein Anmelder, auf eine Aufforderung der Recherchenabteilung nach Regel 46 (1) EPÜ weitere Recherchengebühren zu entrichten, so verbietet es die Regel 46 EPÜ vor dem Hintergrund der Stellungnahme G 2/92 der Prüfungsabteilung nicht, die von der Recherchenabteilung getroffene Feststellung mangelnder Einheitlichkeit der Erfindung zu überprüfen.
Relevante Rechtsnormen:
European Patent Convention 1973 Art 82
European Patent Convention 1973 Art 97
European Patent Convention 1973 Art 111(2)
European Patent Convention 1973 Art 150
Patent Cooperation Treaty Art 17(3)(a)
European Patent Convention 1973 R 46
European Patent Convention 1973 R 86(4)
European Patent Convention 1973 R 112
Patent Cooperation Treaty R 13(1)
Patent Cooperation Treaty R 13(2)
Guidelines for examination in the EPO B-III,4(2)
Guidelines for examination in the EPO C-III,7.10
Guidelines for examination in the EPO C-VI,3.2a
Guidelines for examination in the EPO C-VI,8(5)
Schlagwörter: Nichtentrichtung weiterer Recherchengebühren
Orientierungssatz:

Angeführte Entscheidungen:
G 0002/92
T 0178/84
T 0087/88
T 0355/94
T 1109/96
Anführungen in anderen Entscheidungen:
J 0003/09
T 0708/00
T 1285/11
T 1981/12
T 2248/12
T 2459/12
T 0129/14

Sachverhalt und Anträge

I. Zu der europäischen Patentanmeldung Nr. 88 311 511.5 erstellte die Recherchenabteilung des EPA für die Gegenstände der Ansprüche 1 und 2 einen teilweisen europäischen Recherchenbericht nach Regel 46 (1) EPÜ; gleichzeitig forderte sie die Anmelderin auf, weitere Recherchengebühren für drei weitere Erfindungen zu entrichten. Die Anmelderin kam dieser Aufforderung nicht nach.

II. Die Ansprüche 1 und 2 der Anmeldung in der eingereichten Fassung lauten wie folgt:

“1. Verfahren zur Herstellung einer Halbleitervorrichtung, gekennzeichnet durch folgende Schritte:

a) Einbau von Arsen in einen vorgegebenen Teil (16) eines Siliziumkörpers (11) und

b) Einbau von Phosphor in den vorgegebenen Teil (16) nach dem Einbau von Arsen, wodurch in dem Siliziumkörper (11) ein dotiertes Gebiet des Typs N (19) entsteht, das Arsen und Phosphor enthält.”

“2. Verfahren nach Anspruch 1, bei dem der Einbau von Arsen die ionische Implantation von Arsen umfaßt und der Einbau von Phosphor die Diffusion von Phosphor umfaßt.”

III. Anspruch 8, der sich nach Auffassung der Recherchenabteilung auf eine dritte Erfindung bezieht, lautet wie folgt:

“8. Verfahren zur Herstellung einer Halbleitervorrichtung, gekennzeichnet durch folgende Schritte:

a) Strukturierung einer Isolierschicht aus Feldoxid (12), die einen vorgegebenen aktiven Bereich eines Siliziumsubstrats (11) umgibt;

b) Bildung eines Isolierfilms (13) auf der Oberfläche des vorgegebenen aktiven Bereichs des Siliziumsubstrats (11);

c) Auftragung einer ersten Polysiliziumschicht (17) dergestalt, daß sie im wesentlichen die Substratoberfläche des vorgegebenen aktiven Bereichs überzieht;

d) Strukturierung der Polysiliziumschicht (17) und des Isolierfilms (13) dergestalt, daß die Oberfläche eines vorgegebenen Teils (16) im aktiven Bereich des Siliziumsubstrats (11) exponiert wird;

e) Einbau von Arsen in den vorgegebenen Teil (16);

f) Auftragung einer zweiten Polysiliziumschicht (20) dergestalt, daß sie im wesentlichen das Substrat des vorgegebenen aktiven Bereichs überzieht;

g) Einbau von Phosphor in den vorgegebenen Teil (16) nach dem Einbau von Arsen und der Auftragung einer zweiten Polysiliziumschicht (20);

h) Strukturierung der zweiten Polysiliziumschicht (20) dergestalt, daß sie eine leitende Schicht bildet.”

IV. Im Prüfungsverfahren überprüfte die Prüfungsabteilung die Feststellung der Recherchenabteilung hinsichtlich der Nichteinheitlichkeit der Erfindung gemäß der Praxis, die in den Richtlinien C-III, 7.10 und C-VI, 3.2a dargelegt ist und wo auf die Stellungnahme G 2/92 verwiesen wird. Die Prüfungsabteilung schloß sich der Feststellung der Recherchenabteilung, die Erfindung sei nicht einheitlich, nicht an.

Mit Entscheidung der Prüfungsabteilung vom 31. Januar 1997 wurde die Anmeldung mit der Begründung zurückgewiesen, der Gegenstand der Ansprüche 1 – 3 sei gegenüber dem Dokument des Stands der Technik D3: EP-A-0 137 645 nicht neu.

V. Am 27. März 1997 legte die Beschwerdeführerin (Anmelderin) unter gleichzeitiger Entrichtung der Beschwerdegebühr Beschwerde ein; am 28. Mai 1997 reichte sie zusammen mit geänderten Ansprüchen 1 – 9 eine Beschwerdebegründung ein. Sie beantragte, die angefochtene Entscheidung aufzuheben und auf der Grundlage dieser Ansprüche ein Patent zu erteilen. Für den Fall einer abschlägigen Entscheidung beantragte sie ferner eine mündliche Verhandlung.

VI. Am 17. Februar 2000 fand eine mündliche Verhandlung in Abwesenheit der Beschwerdeführerin statt, die dem Amt im voraus mitgeteilt hatte, daß sie an der mündlichen Verhandlung nicht teilnehmen würde. In der mündlichen Verhandlung wurde der Antrag, den die Beschwerdeführerin in ihrer Begründung gestellt hatte, geprüft.

VII. Anspruch 1 gemäß dem Antrag der Beschwerdeführerin lautet wie folgt:

“1. Verfahren zur Herstellung einer Halbleitervorrichtung, das folgende Schritte umfaßt: Bereitstellung eines Siliziumsubstrats (11) mit einem aktiven Bereich (16) auf der Oberfläche des Substrats (11); Strukturierung eines Isolierfilms (13) auf der Oberfläche des Substrats (11);

Auftragung einer ersten Polysiliziumschicht (17) auf dem Isolierfilm;

Bildung eines Photoresists (18) auf der ersten Polysiliziumschicht;

Entfernung von Teilen von zumindest der ersten Polysiliziumschicht und der Isolierschicht, um eine Passage (15) über dem aktiven Bereich (16) zu definieren, die den aktiven Bereich (16) exponiert;

Implantation von Arsen in den aktiven Bereich (16); Entfernung des Photoresists (18);

Auftragung einer zweiten Polysiliziumschicht (20) auf der ersten Polysiliziumschicht (17), wobei die zweite Polysiliziumschicht einen ersten und einen zweiten Teil aufweist und der zweite Teil den aktiven Bereich (16) überzieht;

Diffusion von Phosphor durch den zweiten Teil der zweiten Polysiliziumschicht (20) und in den aktiven Bereich (16), während der aktive Bereich (16) weiter vom zweiten Teil der zweiten Polysiliziumschicht überzogen bleibt; und Strukturierung der zweiten Polysiliziumschicht (20) dergestalt, daß sie eine leitende Schicht bildet.”

Entscheidungsgründe

1. Die Beschwerde entspricht den Artikeln 106 bis 08 und der Regel 64 EPÜ; sie ist daher zulässig.

2. Der jetztige Anspruch 1 beruht auf dem ursprünglichen Anspruch 8 und enthält die folgenden zusätzlichen Merkmale:

a) bei dem Verfahren wird ein Photoresist (18) verwendet (Zeilen 6 und 10);

b) es ist angegeben, daß Arsen durch ionische Implantation eingebaut wird (Zeile 9);

c) die zweite Polysiliziumschicht (20) befindet sich auf der ersten Polysiliziumschicht (17); und

d) Phosphor wird durch Diffusion eingebaut (Zeile 14).

Wie in Nummer I erwähnt, bezog sich der Anspruch 8 in der eingereichten Fassung nach Ansicht der Recherchenabteilung auf eine “dritte Erfindung”. Für diesen Anspruch wurde keine Recherchengebühr entrichtet, so daß für den Gegenstand des Anspruchs 8 – und folglich des jetzigen Anspruchs 1 – keine Recherche durchgeführt wurde.

3. Auslegung der Regel 46 (1) EPÜ

3.1 Nach Artikel 82 EPÜ kann ein Patent nur erteilt werden, wenn das Erfordernis der Einheitlichkeit der Erfindung erfüllt ist, d. h., wenn die Anmeldung nur eine einzige Erfindung oder eine Gruppe von Erfindungen enthält, die untereinander in der Weise verbunden sind, daß sie eine einzige allgemeine erfinderische Idee verwirklichen. Für die Prüfung der Einheitlichkeit der Erfindung ist die Prüfungsabteilung zuständig, deren Entscheidungen angefochten und von den Beschwerdekammern überprüft werden können.

3.2 Nach Regel 46 (1) EPÜ befaßt sich die Recherchenabteilung in Hinblick auf die Erstellung eines europäischen Recherchenberichts auch mit der Frage der Einheitlichkeit der Erfindung. Entspricht die Anmeldung nach Auffassung der Recherchenabteilung nicht den Anforderungen an die Einheitlichkeit der Erfindung, so erstellt sie einen teilweisen Recherchenbericht für die erste Erfindung. Einen Recherchenbericht für die übrigen Erfindungen erstellt sie nur, wenn innerhalb der festgesetzten Frist weitere Recherchengebühren für diese Erfindungen entrichtet worden sind. Sind weitere Recherchengebühren entrichtet worden, so werden dem Anmelder in Übereinstimmung mit Regel 46 (2) EPÜ auf Antrag die weiteren Recherchengebühren zurückgezahlt, wenn die Prüfungsabteilung entgegen der Auffassung der Recherchenabteilung feststellt, daß das Erfordernis der Einheitlichkeit der Erfindung erfüllt ist.

3.3 Hat die Recherchenabteilung nach Regel 46 (1) EPÜ einen teilweisen Recherchenbericht erstellt und ist der Anmelder der Aufforderung zur Entrichtung weiterer Recherchengebühren für alle weiteren Erfindungen nicht nachgekommen, so stellt sich die Frage, ob die Prüfungsabteilung die gesamte Anmeldung einschließlich nicht recherchierter Gegenstände auf Einheitlichkeit der Erfindung nach Artikel 82 EPÜ prüfen darf, wie dies hier der Fall ist, oder ob sie diese Prüfung auf diejenigen Erfindungen beschränken muß, für die Recherchengebühren entrichtet wurden, so daß der Anmelder die Anmeldung nicht für die Gegenstände weiterverfolgen kann, für die keine Recherchengebühren entrichtet worden sind.

3.4 Welche Bedeutung die Regel 46 (1) EPÜ hat, wenn der Anmelder trotz entsprechender Aufforderung keine zusätzlichen Recherchengebühren entrichtet, wurde in der Stellungnahme G 2/92 (ABl. EPA 1993, 591) und in mehreren anschließenden Entscheidungen der Beschwerdekammern untersucht, wobei die Entscheidungen T 355/94 und T 1109/96 (beide im Amtsblatt nicht veröffentlicht) für diesen Fall relevant sind.

In der Sache G 2/92 legte der Präsident des EPA der Großen Beschwerdekammer folgende Rechtsfrage vor:

“Kann ein Anmelder, der es bei einer uneinheitlichen Anmeldung unterläßt, auf eine Aufforderung der Recherchenabteilung nach Regel 46 (1) EPÜ weitere Recherchengebühren zu entrichten, den Gegenstand, für den keine Recherchengebühren entrichtet wurden, in dieser Anmeldung weiterverfolgen oder ist er gezwungen, für diesen Gegenstand eine Teilanmeldung einzureichen?” (Hervorhebung durch die Kammer.)

Die Große Beschwerdekammer entschied, daß “ein Anmelder … bei einer uneinheitlichen Anmeldung … diese Anmeldung nicht für einen Gegenstand weiterverfolgen [kann], für den keine Recherchengebühren entrichtet wurden” (Hervorhebung durch die Kammer). Nach Auffassung der Großen Beschwerdekammer muß der Anmelder vielmehr eine Teilanmeldung für diesen Gegenstand einreichen, wenn er dafür weiterhin Schutz begehrt.

3.5 In der Entscheidung T 1109/96 legte die Kammer die Regel 46 EPÜ und die Stellungnahme G 2/92 so aus, daß sich im Prüfungsverfahren die Erörterung der Frage, ob die Anmeldung das Erfordernis der Einheitlichkeit erfülle, auf die Gegenstände beschränke, für die Recherchengebühren entrichtet worden seien. In diesem Fall bestätigte die Kammer die Entscheidung, mit der die Prüfungsabteilung die europäische Patentanmeldung mit der Begründung zurückgewiesen hatte, sie erfülle nicht die Erfordernisse der Regel 46 (1) EPÜ, da Schutz für Gegenstände begehrt werde, für die keine Recherchengebühren entrichtet worden seien.

3.6 Diese Kammer teilt die in der Entscheidung T 1109/96 vertretene Auffassung allerdings nicht. Ihrer Meinung nach folgt aus der Überschrift der Regel 46 EPÜ (“Europäischer Recherchenbericht bei mangelnder Einheitlichkeit”) und aus der Regel 46 (1) EPÜ, daß die Recherchenabteilung die Frage der Einheitlichkeit der Erfindung im Hinblick darauf prüft, ob ein teilweiser Recherchenbericht erstellt werden muß, und nicht, ob die Anmeldung in der eingereichten Fassung das Erfordernis der Einheitlichkeit der Erfindung nach Artikel 82 EPÜ erfüllt. Ferner gibt die Regel 46 (1) EPÜ dem Anmelder in der Recherchenphase keine Möglichkeit, die Feststellung mangelnder Einheitlichkeit anzufechten. Da nach Artikel 97 EPÜ letztlich die Prüfungsabteilung auch darüber zu befinden hat, ob die Anmeldung in der eingereichten Fassung den Erfordernissen des Übereinkommens einschließlich des Erfordernisses der Einheitlichkeit der Erfindung gemäß Artikel 82 EPÜ genügt, kann die Auffassung der Recherchenabteilung zur mangelnden Einheitlichkeit nicht als endgültig und für die Prüfungsabteilung verbindlich angesehen werden. Somit ist es bei richtiger Auslegung der Regel 46 (1) EPÜ der Prüfungsabteilung nicht untersagt, die Auffassung der Recherchenabteilung zur mangelnden Einheitlichkeit auch dann zu überprüfen, wenn weitere Recherchengebühren nicht entrichtet werden. Außerdem befaßt sich die Regel 46 (2) EPÜ nur mit dem Fall, daß weitere Recherchengebühren entrichtet wurden, und hindert nach Auffassung dieser Kammer die Prüfungsabteilung nicht daran, die Feststellungen der Recherchenabteilung zu überprüfen, auch wenn keine weiteren Recherchengebühren entrichtet worden sind. Eine enge Auslegung der Regel 46 (1) EPÜ dahingehend, daß die Feststellung mangelnder Einheitlichkeit durch die Recherchenabteilung als endgültig betrachtet wird, wenn keine weiteren Recherchengebühren entrichtet werden, würde dem Anmelder die Möglichkeit nehmen, die Feststellung der Recherchenabteilung im Prüfungsverfahren anzufechten, und außerdem die Befugnis der Prüfungsabteilung in der Frage der Einheitlichkeit der Erfindung zu Unrecht auf die Gegenstände beschränken, für die Recherchengebühren entrichtet wurden.

3.7 Die vorstehende Auslegung der Regel 46 (1) EPÜ steht aus den folgenden Gründen auch im Einklang mit der Auslegung der Großen Beschwerdekammer in der Stellungnahme G 2/92:

3.7.1 In seiner Vorlage erörterte der Präsident den Inhalt der beiden Entscheidungen T 178/84 (ABl. EPA 1989, 157) und T 87/88 (ABl. EPA 1993, 430) und das Ausmaß, in dem sie voneinander abweichen, sowie die damals im EPA übliche Praxis bei der Prüfung der Einheitlichkeit der Erfindung, die in den Richtlinien C-VI, 3.2a dargelegt ist. Insbesondere wurde in der Vorlage unter Nummer 3.1.2 darauf hingewiesen, daß die Prüfungsabteilung gemäß der damaligen Praxis verpflichtet gewesen sei, die Feststellung der Recherchenabteilung hinsichtlich der Nichteinheitlichkeit auch dann zu überprüfen, wenn der Anmelder der Aufforderung nach Regel 46 (1) EPÜ, weitere Recherchengebühren zu entrichten, nicht nachgekommen sei. Teile die Prüfungsabteilung die Auffassung der Recherchenabteilung nicht und entrichte der Anmelder keine weiteren Recherchengebühren, so könne eine zusätzliche Recherche gemäß den Richtlinien B-III, 4.2 durchgeführt werden.

3.7.2 Unter Berücksichtigung der Erörterung in der Vorlage bedeutet der in der Rechtsfrage verwendete Ausdruck “bei einer uneinheitlichen Anmeldung” somit eindeutig, daß die Prüfungsabteilung, nachdem sie die Auffassung der Recherchenabteilung zur mangelnden Einheitlichkeit überprüft hat, die Anmeldung für uneinheitlich hält. Solange nichts dagegen spricht, muß daher die Antwort in der Stellungnahme G 2/92, die denselben Ausdruck (“bei einer uneinheitlichen Anmeldung”) enthält, unter Berücksichtigung der Umstände ausgelegt werden, die in der Vorlage des Präsidenten des EPA genannt sind. Nach Meinung dieser Kammer bedeutet somit der Ausdruck “bei einer uneinheitlichen Anmeldung”, den die Große Beschwerdekammer in ihrer Antwort in der Stellungnahme G 2/92 verwendet hat, daß die Anmeldung dann uneinheitlich ist, wenn die Prüfungsabteilung nach Überprüfung sich der Auffassung der Recherchenabteilung anschließt. Diese Auslegung wird durch den Umstand gestützt, daß die Große Beschwerdekammer zwar auf die vorstehend genannte Praxis im EPA verweist, die in den Richtlinien C-VI, 3.2a dargelegt ist, aber nirgends erwähnt oder zu verstehen gibt, daß diese Praxis, nämlich im Prüfungsverfahren die Auffassung der Recherchenabteilung zur mangelnden Einheitlichkeit auch dann zu überprüfen, wenn keine weiteren Recherchengebühren entrichtet wurden, ihrer Auslegung der Regel 46 (1) EPÜ widersprechen könnte und daß die Richtlinien deshalb geändert werden müßten.

3.7.3 In der Stellungnahme G 2/92 erklärte die Große Beschwerdekammer in Nummer 3 der Begründung:

“Demgemäß hätte – unter den im Beschwerdeverfahren T 87/88 (vorstehend unter Nr. III genannt) geschilderten Umständen – die Tatsache, daß der Anmelder es unterlassen hat, … die zusätzliche Recherchengebühr zu entrichten, zur Folge haben müssen, daß der Anmelder Schutz für die zweite Erfindung in einer Teilanmeldung hätte begehren müssen, wovon die Prüfungsabteilung in diesem Fall auch ausgegangen ist. Unter diesen Umständen steht es nicht in Einklang mit einer korrekten Auslegung von Regel 46 EPÜ, daß die Aufforderung der Recherchenabteilung zur Zahlung einer zusätzlichen Recherchengebühr überprüft wird.”

Es liegt auf der Hand, daß diese letztere Aussage nur für die Sachlage im Fall T 87/88 Gültigkeit hat, wo die Recherchenabteilung einen teilweisen Recherchenbericht erstellt hatte, weil für eine zweite Erfindung keine weitere Recherchengebühr entrichtet worden war, und die Prüfungsabteilung die Anmeldung aufgrund des Artikels 97 (1) EPÜ zurückgewiesen hatte, weil sie nach Überprüfung der Feststellung mangelnder Einheitlichkeit der Erfindung sich der Auffassung der Recherchenabteilung angeschlossen hatte und der Meinung gewesen war, die Gegenstände der Ansprüche gemäß dem Haupt- und dem Hilfsantrag der Anmelderin hätten mit der recherchierten Erfindung nichts zu tun (vgl. Sachverhalt und Anträge, Nr. IV). Die Beschwerdekammer überprüfte darüber hinaus in diesem Fall, ob die Recherchenabteilung die Anmelderin zu Recht zur Zahlung einer zusätzlichen Recherchengebühr aufgefordert hatte, obwohl dies von der Prüfungsabteilung nicht bestritten worden war, und entschied, daß die Aufforderung zur Zahlung einer zusätzlichen Recherchengebühr nicht gerechtfertigt gewesen sei (vgl. Nrn. 6.1 bis 6.3).

Aus der vorstehenden Analyse der Umstände im Fall T 87/88 folgt, daß sich die Große Beschwerdekammer in Nummer 3 Satz 2 im Zusammenhang mit der Überprüfung der Aufforderung der Recherchenabteilung zur Zahlung einer zusätzlichen Recherchengebühr auf die Überprüfung durch die Kammer und nicht durch die Prüfungsabteilung bezieht.

3.7.4 Diese Auslegung der Aussage in Nummer 3 der Stellungnahme G 2/92 wird von der Entscheidung T 355/94 bestätigt. Die Kammer verwies in diesem Fall auf das obige Zitat aus der Stellungnahme G 2/92 und vertrat die Auffassung, sie sei nicht befugt, diese Frage wiederaufzugreifen, nämlich die Aufforderung der Recherchenabteilung zur Zahlung einer zusätzlichen Recherchengebühr zu überprüfen. Auch in diesem Fall hatte sich die Prüfungsabteilung der Feststellung der Recherchenabteilung angeschlossen, die ursprünglich eingereichten Ansprüche seien uneinheitlich.Gleichwohl sagte die Kammer nicht, daß die Prüfungsabteilung nicht befugt sei, die von der Recherchenabteilung getroffene Feststellung mangelnder Einheitlichkeit zu überprüfen.

3.8 Zusammenfassend ist in Anbetracht der Stellungnahme G 2/92 daher folgendes festzustellen: Unterläßt es ein Anmelder, auf eine Aufforderung der Recherchenabteilung nach Regel 46 (1) EPÜ weitere Recherchengebühren zu entrichten, so verbietet es die Regel 46 EPÜ der Prüfungsabteilung nicht, die von der Recherchenabteilung getroffene Feststellung mangelnder Einheitlichkeit der Erfindung zu überprüfen. Das Prüfungsverfahren gemäß den Richtlinien C-III, 7.10 und C-VI, 3.2a steht somit in Einklang mit der Stellungnahme G 2/92.

3.9 Die Regel 86 (4) EPÜ sowie die Vorschriften bezüglich mangelnder Einheitlichkeit internationaler Anmeldungen, für die das EPA in der regionalen Phase Bestimmungsamt oder ausgewähltes Amt ist, bestätigen die vorstehende Auffassung.

3.9.1 Nach Regel 86 (4) EPÜ dürfen geänderte Patentansprüche sich nicht auf nicht recherchierte Gegenstände beziehen, die mit der ursprünglich beanspruchten Erfindung nicht durch eine einzige allgemeine erfinderische Idee verbunden sind. Ein Anmelder, der im Prüfungsverfahren geänderte Ansprüche mit nicht recherchierten Gegenständen einreicht, hat somit Anspruch auf eine begründete Stellungnahme der Prüfungsabteilung zur Frage der mangelnden Einheitlichkeit der Erfindung in bezug auf die nicht recherchierten Gegenstände der geänderten Ansprüche, auch wenn er für diese nicht recherchierten Gegenstände keine Recherchengebühren entrichtet hat. In diesem Fall hat er auch Anspruch auf eine beschwerdefähige Entscheidung der Prüfungsabteilung über die mangelnde Einheitlichkeit der Erfindung. Folgt man aber der Auslegung der Regel 46 (1) EPÜ in der Entscheidung T 1109/96, so würde eine Anmeldung mit in der Recherchenphase uneinheitlichen Ansprüchen im Prüfungsverfahren auf mangelnde Einheitlichkeit der Erfindung geprüft, und der Anmelder erhielte eine begründete Feststellung der Prüfungsabteilung zu dieser Frage erst nach vorheriger Entrichtung der angeforderten Recherchengebühren. Die Verfahren nach Regel 46 (1) EPÜ und Regel 86 (4) EPÜ wären somit nicht miteinander vereinbar, und das Verfahren nach Regel 46 (1) EPÜ würde einen Anmelder benachteiligen, der es unterläßt, die zusätzlichen Recherchengebühren in der Recherchenphase zu entrichten.

3.9.2 Auch die derzeitige Praxis bei der Recherche und der Prüfung internationaler Anmeldungen nach dem PCT, für die das EPA ausgewähltes Amt oder Bestimmungsamt ist (sogenannte Euro-PCT-Anmeldungen), geht mit der vorstehenden Auffassung konform, denn nach der am 1. März 2000 in Kraft getretenen Regel 112 EPÜ (ABl. EPA 1999, 660-667) muß das EPA auch dann prüfen, ob eine internationale Anmeldung, die beim EPA als Euro-PCT-Anmeldung eingeht, das Erfordernis der Einheitlichkeit der Erfindung erfüllt, wenn die Internationale Recherchenbehörde (ISA) der Auffassung war, daß die Anmeldung nicht den Anforderungen an die Einheitlichkeit der Erfindung entspricht (Regeln 13.1 und 13.2 PCT), und der Anmelder keine zusätzlichen Recherchengebühren nach Artikel 17.3 a) PCT entrichtet hat. Das Erfordernis der Einheitlichkeit wird in den Regeln 13.1 und 13.2 PCT mit den gleichen Worten wie in Artikel 82 bzw. Regel 30 EPÜ definiert. Hätte die Regel 46 (1) EPÜ zur Folge, daß nicht recherchierte Gegenstände ausgeschlossen würden, wie dies in der Entscheidung T 1109/96 festgestellt wurde, so würde das EPA als ISA europäische und internationale Anmeldungen bezüglich der Einheitlichkeit der Erfindung unterschiedlich behandeln, obwohl sowohl für internationale wie auch für europäische Anmeldungen dieselben Vorschriften gelten. Nach Regel 112 EPÜ müßte die Prüfungsabteilung nämlich die gesamte internationale Anmeldung darauf prüfen, ob sie das Erfordernis der Einheitlichkeit der Erfindung erfüllt, wenn die ISA der Auffassung war, die Anmeldung sei uneinheitlich, und zwar unabhängig davon, ob weitere Recherchengebühren entrichtet wurden. Bei einer europäischen Anmeldung wäre jedoch eine solche Überprüfung nicht möglich, wenn nicht alle weiteren Recherchengebühren entrichtet wurden. Artikel 150 EPÜ, wonach eine Euro-PCT-Anmeldung als europäische Anmeldung behandelt werden muß, macht deutlich, daß die EPÜ-Vertragsstaaten einen Anmelder, der eine Anmeldung direkt beim EPA einreicht, nicht schlechter stellen wollten als einen, der beim EPA eine Euro-PCT-Anmeldung einreicht. Deshalb beschränkt die Regel 46 (1) EPÜ, wenn man sie im Licht des PCT-Verfahrens auslegt, auch nicht die Zuständigkeit der Prüfungsabteilung für die Prüfung der Einheitlichkeit der Erfindung. Die Prüfungsabteilung ist ganz im Gegenteil befugt und verpflichtet, bei der Beurteilung der Einheitlichkeit der Erfindung die gesamte Anmeldung in der eingereichten Fassung zu berücksichtigen, auch wenn der Anmelder keine weiteren Recherchengebühren entrichtet hat.

4. Der Gegenstand des jetzigen Anspruchs 1 ist gegenüber dem, der in der angefochtenen Entscheidung geprüft wurde, wesentlich geändert worden. Darüber hinaus enthält der Anspruch 1 das in Nummer 2.1 erwähnte Merkmal c, das vorher nicht beansprucht und deshalb offensichtlich weder recherchiert noch in der angefochtenen Entscheidung berücksichtigt worden war. Deshalb stellt sich die Frage, ob nicht eine zusätzliche Recherche gemäß den Richtlinien B-III, 4.2 iii) und C-VI, 8.5 durchgeführt werden sollte. Hierüber hat jedoch die Prüfungsabteilung zu entscheiden. Es ist daher angezeigt, die Angelegenheit nach Artikel 111 (2) EPÜ zur weiteren Entscheidung an die Prüfungsabteilung zurückzuverweisen.

ENTSCHEIDUNGSFORMEL

Aus diesen Gründen wird entschieden:

1. Die angefochtene Entscheidung wird aufgehoben.

2. Die Angelegenheit wird an die erste Instanz zur weiteren Entscheidung auf der Grundlage der zusammen mit der Beschwerdebegründung am 28. Mai 1987 eingereichten Ansprüche 1 bis 9 zurückverwiesen.