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European Case Law Identifier: | ECLI:EP:BA:2008:T124206.20080404 | ||||||||
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Datum der Entscheidung: | 04 April 2008 | ||||||||
Aktenzeichen: | T 1242/06 | ||||||||
Entscheidung der Großen Beschwerdekammer: | G 0002/12 | ||||||||
Anmeldenummer: | 00940724.8 | ||||||||
IPC-Klasse: | A01H 5/10 | ||||||||
Verfahrenssprache: | EN | ||||||||
Verteilung: | A | ||||||||
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Bezeichnung der Anmeldung: | – | ||||||||
Name des Anmelders: | State of Israel – Ministry of Agriculture | ||||||||
Name des Einsprechenden: | Unilever N.V. | ||||||||
Kammer: | 3.3.04 | ||||||||
Leitsatz: | Der Großen Beschwerdekammer werden folgende Rechtsfragen zur Entscheidung vorgelegt: 1. Fällt ein nicht mikrobiologisches Verfahren zur Züchtung von Pflanzen, das aus Schritten der Kreuzung und Selektion von Pflanzen besteht, nur dann unter das Patentierungsverbot des Artikels 53 b) EPÜ, wenn diese Schritte Phänomene widerspiegeln oder Phänomenen entsprechen, die in der Natur ohne menschliches Zutun auftreten könnten? 2. Falls die Frage 1 verneint wird, entgeht ein nicht mikrobiologisches Verfahren zur Züchtung von Pflanzen, das aus Schritten der Kreuzung und Selektion von Pflanzen besteht, dem Patentierungsverbot des Artikels 53 b) EPÜ allein schon deswegen, weil es als Teil eines der Schritte der Kreuzung und Selektion ein zusätzliches Merkmal technischer Natur umfasst? 3. Falls die Frage 2 verneint wird, welches sind die maßgeblichen Unterscheidungskriterien dafür, ob ein nicht mikrobiologisches Verfahren zur Züchtung von Pflanzen nach Artikel 53 b) EPÜ vom Patentschutz ausgeschlossen ist oder nicht? Ist insbesondere maßgebend, worin das Wesen der beanspruchten Erfindung liegt und/oder ob der Beitrag des zusätzlichen technischen Merkmals zur beanspruchten Erfindung über etwas Unwesentliches hinausgeht? |
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Relevante Rechtsnormen: |
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Schlagwörter: | Ausschluss von im Wesentlichen biologischen Verfahren zur Züchtung von Pflanzen – Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung – Befassung der Großen Beschwerdekammer | ||||||||
Orientierungssatz: |
– |
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Angeführte Entscheidungen: |
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Anführungen in anderen Entscheidungen: |
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Sachverhalt und Anträge
I. Der Patentinhaber (Beschwerdeführer I) und die Einsprechende (Beschwerdeführerin II) haben Beschwerde gegen die Zwischenentscheidung der Einspruchsabteilung eingelegt, der zufolge das europäische Patent Nr. 1 211 926 (veröffentlicht als WO 01/13708) in geänderter Form aufrechterhalten werden konnte.
Die Einspruchsabteilung hatte über den damaligen Hauptantrag und die damaligen Hilfsanträge I, II und IIIb des Patentinhabers entschieden. Dabei hatte sie befunden, dass der Gegenstand der Ansprüche 1 bis 14 des Hauptantrags nach Artikel 53 b) und Regel 23b (5) EPÜ 1973 vom Patentschutz ausgeschlossen sei, der Anspruch 1 des Hilfsantrags I den Erfordernissen des Artikels 123 (2) und (3) EPÜ nicht genüge und die Ansprüche 1 und 2 des Hilfsantrags II entgegen den Erfordernissen des Artikels 54 EPÜ nicht neu seien. Die Ansprüche 1 und 2 des Hilfsantrags IIIb genügten ihrer Auffassung nach jedoch allen Erfordernissen des EPÜ.
II. Der Beschwerdeführer I beantragte in seiner Beschwerdebegründung die Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und die Aufrechterhaltung des Patents auf der Grundlage der Ansprüche 1 bis 17 des Hauptantrags, der mit dem im Einspruchsverfahren gestellten Hauptantrag identisch war, bzw. auf der Grundlage eines der Hilfsanträge I bis V.
Anspruch 1 des Hauptantrags lautet wie folgt:
“Verfahren zum Züchten von Tomatenpflanzen, die Tomaten mit verringertem Wassergehalt der Früchte erzeugen, umfassend die Schritte:
Kreuzen von mindestens einer Lycopersicon-esculentum-Pflanze mit einer Lycopersicon spp., um Hybridsamen zu erzeugen;
Sammeln der ersten Generation von Hybridsamen;
Züchten von Pflanzen aus der ersten Generation von Hybridsamen;
Bestäuben der Pflanzen der jüngsten Hybridgeneration;
Sammeln der Samen, die von der jüngsten Hybridgeneration erzeugt wurden;
Züchten von Pflanzen aus den Samen der jüngsten Hybridgeneration;
Belassen der Früchte über den Punkt des normalen Reifens hinaus auf der Staude; und
Screenen auf verringerten Wassergehalt der Früchte, wie durch die verlängerte Konservierung der reifen Frucht und Faltung der Fruchthaut angezeigt.”
Anspruch 1 des Hilfsantrags I enthält am Ende die folgenden zusätzlichen Merkmale gegenüber Anspruch 1 des Hauptantrags:
“… Kreuzen von Pflanzen, die von Hybridsamen abstammen, deren Nachkommenschaft einen verringerten Wassergehalt der Früchte zeigt, mit einer Lycopersicon-Pflanze;
Züchten der gekreuzten Pflanzen; und
Auswählen von Pflanzen mit Tomatenfrüchten mit einem erhöhten Trockengewichtsanteil, verglichen mit Früchten von einer nicht gekreuzten Lycopersicon.”
Die Ansprüche 15 bis 17 des Hauptantrags entsprechen den Ansprüchen 14 bis 16 des Hilfsantrags I und lauten wie folgt:
“15. Tomatenfrucht der Art Lycopersicon esculentum, die natürlich dehydratisiert ist, wobei die natürliche Dehydratisierung als Faltung der Haut der Tomatenfrucht definiert ist, wenn man die Frucht nach einem normalen reifen Erntezustand auf der Pflanze bleiben lässt, wobei die natürliche Dehydratisierung im Allgemeinen nicht von einem mikrobiellen Verderben begleitet ist.
16. Tomatenfrucht der Art Lycopersicon esculentum, gekennzeichnet durch eine unbehandelte Haut, Dehydratisierung der Frucht und Faltung der Haut, wobei die Dehydratisierung im Allgemeinen nicht von mikrobiellem Verderben begleitet ist.
17. Tomatenpflanze, auf deren Staude sich die Tomatenfrucht nach Anspruch 15 oder 16 befindet.”
III. Die Beschwerdeführerin II beantragte in ihrer Beschwerdebegründung die Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und den Widerruf des Patents. Außerdem beantragte sie die Rückerstattung der Beschwerdegebühr mit der Begründung, dass die Einspruchsabteilung einen wesentlichen Verfahrensfehler begangen habe, indem sie den erst in der mündlichen Verhandlung gestellten Hilfsantrag IIIb des Beschwerdeführers I zum Verfahren zugelassen habe.
IV. In ihrer Zwischenentscheidung vom 22. Mai 2007 in der Beschwerdesache T 83/05 (ABl. EPA 2007, 644) hatte diese Kammer in anderer Besetzung entschieden, der Großen Beschwerdekammer zwei Rechtsfragen zur Auslegung von Artikel 53 b) und Regel 23b (5) EPÜ 1973 vorzulegen. Die Fragen lauten wie folgt:
“1. Entgeht ein nicht mikrobiologisches Verfahren zur Züchtung von Pflanzen, das die Schritte der Kreuzung und Selektion von Pflanzen umfasst, dem Patentierungsverbot des Artikels 53 b) EPÜ allein schon deswegen, weil es als weiteren Schritt oder als Teil eines der Schritte der Kreuzung und Selektion ein zusätzliches Merkmal technischer Natur umfasst?
2. Falls die Frage 1 verneint wird, welches sind die maßgeblichen Unterscheidungskriterien dafür, ob ein nicht mikrobiologisches Verfahren zur Züchtung von Pflanzen nach Artikel 53 b) EPÜ vom Patentschutz ausgeschlossen ist oder nicht? Ist insbesondere maßgebend, worin das Wesen der beanspruchten Erfindung liegt und/oder ob der Beitrag des zusätzlichen technischen Merkmals zur beanspruchten Erfindung über etwas Unwesentliches hinausgeht?”
V. Im vorliegenden Fall lud die Kammer die Parteien zu einer mündlichen Verhandlung am 19. September 2007. In dem der Ladung beigefügten Bescheid verwies sie auf die oben genannte Vorlageentscheidung T 83/05 und teilte den Parteien mit, dass in der angesetzten mündlichen Verhandlung nur die Frage einer möglichen weiteren Vorlage von Rechtsfragen an die Große Beschwerdekammer erörtert werde.
VI. Mit Schreiben vom 16. Juli 2007 reichte der Beschwerdeführer I einen zusätzlichen Hilfsantrag VI ein. In einem weiteren Schreiben vom 27. August 2007 schlug er vor, der Großen Beschwerdekammer folgende Frage vorzulegen:
“Soll das Merkmal ‘wenn es vollständig auf natürlichen Phänomenen beruht’ in Regel 23b (5) EPÜ nur diejenigen Züchtungsverfahren vom Patentschutz ausschließen, bei denen das Selektionsmerkmal für eine bessere Überlebenschance der Pflanze in einer natürlichen Umgebung wesentlich ist?”
Der Beschwerdeführer I schlug außerdem vor, der Großen Beschwerdekammer dieselbe Frage 2 wie im Fall T 83/05 vorzulegen, allerdings unter Streichung der einleitenden Formulierung “Falls die Frage 1 verneint wird” (s. vorstehend Abschnitt IV).
VII. Mit Schreiben vom 29. August 2007 beantragte die Beschwerdeführerin II, der Großen Beschwerdekammer drei Fragen vorzulegen. Die erste davon lautete:
“Ist Regel 23 (5) b [sic] auf biotechnologische Erfindungen beschränkt und, wenn ja, welche Erfordernisse muss eine Erfindung dann erfüllen, um als biotechnologische Erfindung zu gelten?”
Die beiden weiteren Fragen entsprachen den Fragen 1 und 2 im Fall T 83/05, wobei am Ende der Frage 1 die Formulierung “selbst wenn das technische Merkmal kein biotechnologisches Merkmal ist” hinzugefügt wurde.
VIII. Die mündliche Verhandlung fand am 19. September 2007 statt.
Der Beschwerdeführer I schlug vor, der Großen Beschwerdekammer nicht nur die beiden Fragen aus seinem schriftlichen Vorbringen (s. vorstehend Abschnitt VI), sondern auch folgende weitere Fragen vorzulegen:
“3. Ist ein nicht mikrobiologisches (alternativ: Ist ein im Wesentlichen biologisches) Verfahren zur Züchtung von Pflanzen, das die Schritte der Kreuzung und Selektion von Pflanzen umfasst, nur dann nach Artikel 53 b) EPÜ vom Patenschutz ausgeschlossen, wenn das unmittelbare Erzeugnis eines solchen Verfahrens eine bestimmte individuelle Pflanzensorte ist?
4. Falls die Frage 1 bejaht wird, schließt ein Merkmal technischer Natur auch diejenigen Merkmale ein, die als solche nicht technisch sind, aber in Verbindung mit den übrigen Merkmalen der Ansprüche zu einer technischen Lösung beitragen?”
Die Beschwerdeführerin II verwies auf die in ihrem schriftlichen Vorbringen unterbreiteten Fragen (s. vorstehend Abschnitt VII) und beantragte ferner, der Großen Beschwerdekammer mit Bezug auf die Erzeugnisansprüche 15 bis 17 des Hauptantrags des Patentinhabers eine weitere Frage zur Auslegung des Ausschlusses von Pflanzensorten vorzulegen.
Am Ende der mündlichen Verhandlung erklärte die Vorsitzende, dass die sachliche Debatte über den einzigen Gegenstand der mündlichen Verhandlung, nämlich die Frage, ob – und wenn ja, welche – Fragen der Großen Beschwerdekammer vorgelegt werden sollten, beendet sei und das Verfahren schriftlich fortgesetzt werde.
Am 21. September 2007, d. h. zwei Tage nach der mündlichen Verhandlung, erhielt die Kammer ein Schreiben der Beschwerdeführerin II mit einem weiteren Vorbringen die Vorlage von Fragen an die Große Beschwerdekammer betreffend.
IX. Das Vorbringen des Beschwerdeführers I lässt sich, soweit es entscheidungserheblich ist, wie folgt zusammenfassen:
– Der Begriff “im Wesentlichen biologische Verfahren” in Artikel 53 b) EPÜ sei nicht eindeutig. Der Gesetzgeber habe nicht beabsichtigt, alle Verfahren zur Züchtung von Pflanzen, die biologische Schritte umfassten, vom Patentschutz auszuschließen. Die Ausschlussbestimmungen seien eng auszulegen, denn sie stellten Ausnahmen von einer allgemeinen Regel dar. Während Pflanzensorten wenigstens durch das Sortenschutzrecht geschützt werden könnten, gebe es für Pflanzenzüchtungsverfahren keinen Sui-generis-Schutz. Eine breite Auslegung des Verfahrensausschlusses in Artikel 53 b) EPÜ würde diese Schutzlücke noch vergrößern.
– Jeder technische Schritt oder jedes technische Merkmal, der bzw. das Einfluss auf das gewünschte Ergebnis habe, sollte bewirken, dass das beanspruchte Verfahren dem Patentierungsverbot entgehe. Daher falle ein Verfahren mit mindestens einem technischen Merkmal, das nicht ohne menschliches Zutun umgesetzt werden könne und Einfluss auf das Verfahrenserzeugnis habe, nicht unter den Begriff “im Wesentlichen biologisches Verfahren”.
– Die in Regel 23b (5) EPÜ 1973 verwendeten Formulierungen “im Wesentlichen biologisch” und “vollständig auf natürlichen Phänomenen beruht” seien kein Widerspruch. Kreuzung und Selektion könnten sowohl natürlich als auch nicht natürlich erfolgen. Nicht natürliche Schritte der Kreuzung und Selektion seien solche, die anhand eines technischen Elements ausgeführt würden, das nicht auf einer natürlichen Kraft, sondern auf menschlichem Zutun oder auf einem vom Menschen festgelegten Kriterium beruhe.
– Die interspezifische Kreuzung von L. esculentum und einer wilden Tomatenart erfordere ein spezielles Eingreifen, damit man eine ausreichend fruchtbare Nachkommenschaft erhalte; sie komme in der Natur nicht vor, denn Angehörige unterschiedlicher Arten seien in der Regel nicht zur Kreuzung untereinander in der Lage.
– Das Belassen der Frucht auf der Staude über den Punkt der normalen Reife hinaus und das Screenen nach verringertem Wassergehalt stellten eine weitere wesentliche Abweichung von klassischen Züchtungsverfahren dar, bei denen die Tomatenfrucht in der Regel analysiert werde, wenn sie reif sei. Dieser zusätzliche Schritt sei weder ein Züchtungs- noch ein Selektionsschritt, sondern diene der Vorbereitung der Entscheidung, ob die Tomatenfrucht für die Selektion infrage komme.
– Die Fähigkeit zur Dehydratisierung sei kein natürliches Selektionskriterium, denn Tomaten, die diesen Phänotyp exprimierten, hätten in keiner Umgebung einen evolutionären Vorteil gegenüber Pflanzen, die ihn nicht exprimierten.
– Anspruch 1 des Hilfsantrags I betreffe die Selektion von Pflanzen mit Tomatenfrüchten, die einen erhöhten Trockengewichtsanteil aufwiesen. Dies setze einen zusätzlichen technischen Schritt voraus, bei dem Früchte zunächst frisch gewogen, dann in einem Ofen getrocknet und anschließend nochmals trocken gewogen würden.
X. Das Vorbringen der Beschwerdeführerin II vor und während der mündlichen Verhandlung lässt sich, soweit es entscheidungserheblich ist, wie folgt zusammenfassen:
– Der Gesetzgeber habe entschieden, alle herkömmlichen, auf Kreuzung und Selektion beruhenden Züchtungsverfahren vom Patentschutz auszuschließen. Das ergebe sich aus der gesetzlichen Fiktion der Regel 23b (5) EPÜ 1973, die darin “natürliche Phänomene” sähe. Dennoch bestehe ein großer Unterschied zwischen der natürlichen Selektion nach dem darwinschen Überlebensprinzip, die ohne menschliches Zutun erfolge, und dem, was in geschlossenen Gewächshäusern geschehe, wo Pflanzen ohne jegliche Konkurrenz zu anderen Arten gezüchtet würden und die Kriterien der natürlichen Selektion nicht gälten. De facto würde fast alles, was man unter “Gewächshausbedingungen” züchte, in der Natur nicht überleben. Die herkömmliche Pflanzenzüchtung sei also auf menschliches Eingreifen angewiesen, aber trotzdem vom Patentschutz ausgeschlossen.
– Im Gegensatz zu dem in der Sache T 83/05 beanspruchten Verfahren, das die Verwendung von molekularen Markern voraussetze, erfordere das Verfahren im vorliegenden Fall kein anderes menschliches Zutun als Kreuzung und Selektion. Alle vom Beschwerdeführer I angeführten Verfahrensschritte, also die interspezifische Kreuzung von L. esculentum und einer wilden Tomatenart, das Belassen der Frucht auf der Staude über den Punkt der normalen Reife hinaus, das Screenen nach verringertem Wassergehalt der Früchte sowie das Wiegen und Trocknen, seien eindeutig Bestandteile der Kreuzung und der Selektion, wie sie der Fachmann bei einem herkömmlichen Züchtungsverfahren ausführe.
– Der Gesetzgeber könne mit Regel 23b (5) EPÜ 1973 nicht beabsichtigt haben, die “ratio legis” des Artikels 53 b) EPÜ so zu ändern, dass normale Züchtungsverfahren patentierbar würden. Die einzige Möglichkeit, die gesetzgeberischen Absichten miteinander zu vereinbaren, sei die Annahme, dass nur Züchtungsverfahren, die zusätzlich zu den Schritten der Kreuzung und Selektion auch einen biotechnologischen Schritt enthielten, dem Patentierungsverbot des Artikels 53 b) EPÜ entgehen sollten.
– Die Erzeugnisansprüche 15 bis 17 des Hauptantrags seien nach Artikel 53 b) EPÜ vom Patentschutz ausgeschlossen, weil sie sich auf Pflanzensorten bezögen. In der Entscheidung G 1/98 (ABl. EPA 2000, 111) habe die Große Beschwerdekammer entschieden, dass ein Anspruch, in dem bestimmte Pflanzensorten nicht individuell beansprucht würden, nicht vom Patentschutz ausgeschlossen sei, auch wenn er möglicherweise Pflanzensorten umfasse. Die Pflanzen, mit denen sich die Große Beschwerdekammer in dieser Entscheidung befasst habe, seien durch gentechnische Verfahren hergestellt worden. Bislang sei ungeklärt, ob die Entscheidung der Großen Beschwerdekammer auch für Pflanzen gelten sollte, die durch herkömmliche Züchtungsverfahren hergestellt wurden. Deshalb sei es angebracht, der Großen Beschwerdekammer eine entsprechende Frage vorzulegen.
Entscheidungsgründe
Schriftliches Vorbringen nach Beendigung der sachlichen Debatte
1. Das schriftliche Vorbringen der Beschwerdeführerin II vom 21. September 2007 ging zwei Tage nach Beendigung der sachlichen Debatte über die Frage ein, ob – und wenn ja, welche – Fragen der Großen Beschwerdekammer vorgelegt werden sollen. Da die Kammer es nicht für angemessen hält, die sachliche Debatte zu diesem Punkt wieder zu eröffnen, lässt sie dieses Vorbringen für die Zwecke der vorliegenden Entscheidung unberücksichtigt.
Ausschluss von im Wesentlichen biologischen Verfahren zur Züchtung von Pflanzen
Allgemeines
2. Im Mittelpunkt des vorliegenden Falls steht die Auslegung der in Artikel 53 b) EPÜ verankerten Ausschlussbestimmung für Verfahren. In der angefochtenen Entscheidung war befunden worden, dass der Gegenstand des Anspruchs 1 nach dem Hauptantrag des Beschwerdeführers I ein im Wesentlichen biologisches Verfahren zur Züchtung von Pflanzen und somit nach Artikel 53 b) und Regel 23b (5) EPÜ 1973 vom Patentschutz ausgeschlossen sei. Der Beschwerdeführer I bestreitet dies und vertritt die Ansicht, dass Artikel 53 b) EPÜ bei richtiger Auslegung im Lichte der Regel 23b (5) EPÜ 1973 (= Regel 26 (5) EPÜ) der Patentierung des Gegenstands von Anspruch 1 nach dem Hauptantrag oder dem Hilfsantrag I nicht entgegenstehe.
3. Im Fall T 83/05 hat diese Kammer in anderer Besetzung der Großen Beschwerdekammer zwei Rechtsfragen über den Ausschluss von im Wesentlichen biologischen Verfahren zur Züchtung von Pflanzen vorgelegt (s. vorstehend Abschnitt IV). In ihrer Vorlageentscheidung hat die Kammer die Entstehungsgeschichte des Artikels 53 b) EPÜ (Nrn. 38 bis 42 der Entscheidungsgründe in T 83/05) und die einschlägige Rechtsprechung der Beschwerdekammern (Nrn. 43 bis 47) beleuchtet. Sie hat ferner die möglichen Auswirkungen der Regel 23b (5) EPÜ 1973 auf die Auslegung des Artikels 53 b) EPÜ untersucht, indem sie den Hintergrund zur Einführung dieser Regel (Nrn. 48 bis 50), deren Entstehungsgeschichte (Nrn. 51 bis 52), ihre mögliche Bedeutung (Nrn. 53 bis 55) und gewisse Zweifel an ihrer Anwendbarkeit (Nrn. 56 bis 59) erörtert hat. In den Nummern 60 und 61 der Entscheidung T 83/05 hat die Kammer befunden, dass der richtige Ansatz zur Auslegung des Artikels 53 b) EPÜ noch zu bestimmen sei. Die Vorlage ist derzeit bei der Großen Beschwerdekammer unter dem Aktenzeichen G 2/07 anhängig.
4. Es wäre nicht zweckmäßig, wenn die jetzige Kammer im vorliegenden Fall über den Umfang der Ausschlussbestimmung entschiede, bevor die Große Beschwerdekammer die in der Entscheidung T 83/05 vorgelegten Fragen beantwortet hat. In einer solchen Situation kann die Kammer entweder das Verfahren aussetzen oder, wenn die Erfordernisse des Artikels 112 EPÜ erfüllt sind, der Großen Beschwerdekammer erneut Rechtsfragen vorlegen. Die Kammer entscheidet sich für die zweite Möglichkeit, weil der vorliegende Fall gegenüber dem der Entscheidung T 83/05 zugrunde liegenden weitere für die Auslegung der Ausschlussbestimmung möglicherweise relevante Aspekte enthält.
Gegenstand des Anspruchs 1 des Hauptantrags und des ersten Hilfsantrags
5. Anspruch 1 des Hauptantrags des Beschwerdeführers I betrifft ein Verfahren zur Züchtung von Tomatenpflanzen, die Tomaten mit verringertem Wassergehalt der Früchte erbringen. Das Verfahren umfasst die Schritte des Kreuzens, Sammelns, Züchtens, Bestäubens und der Selektion. Zunächst wird eine Lycopersicon-esculentum-Pflanze mit einer Lycopersicon spp. gekreuzt, um Hybridsamen zu erzeugen. Aus der ersten Generation von Hybridsamen werden Pflanzen gezüchtet, die Pflanzen der jüngsten Hybridgeneration werden bestäubt, und die erzeugten Samen werden gesammelt. Aus den Samen dieser jüngsten Hybridgeneration werden wieder Pflanzen gezüchtet. Danach folgt ein letzter Schritt, in dem die Früchte über den Punkt der normalen Reife hinaus auf der Staude belassen und auf verringerten Wassergehalt der Früchte gescreent werden, der an einer längeren Konservierung der reifen Frucht und einer Faltung der Fruchthaut erkennbar ist.
6. Anspruch 1 des ersten Hilfsantrags des Beschwerdeführers I entspricht dem Anspruch 1 des Hauptantrags, enthält aber zusätzliche Schritte der Kreuzung und Selektion. Aus den Hybridsamen gezogene Pflanzen, deren Nachkommenschaft einen verringerten Wassergehalt der Früchte aufweist, werden mit einer Lycopersicon-Pflanze gekreuzt. Von den auf die Weise erzeugten Pflanzen werden diejenigen ausgewählt, deren Tomatenfrüchte einen erhöhten Trockengewichtsanteil gegenüber Früchten einer nicht gekreuzten Lycopersicon haben.
Auslegung des Artikels 53 b) EPÜ in der Entscheidung T 320/87
7. Die Beschwerdekammern haben sich bereits mehrfach mit dem Ausschluss von im Wesentlichen biologischen Verfahren zur Züchtung von Pflanzen befasst. In der Entscheidung T 320/87 (ABl. EPA 1990, 71, Nrn. 4 bis 10 der Entscheidungsgründe), die für den vorliegenden Fall am relevantesten ist, hat die Kammer befunden, dass die Anwendbarkeit des Ausschlusses ausgehend vom Wesen der Erfindung unter Berücksichtigung des Gesamtanteils der menschlichen Mitwirkung und deren Auswirkung auf das erzielte Ergebnis beurteilt werden müsse. Die Notwendigkeit menschlicher Mitwirkung allein sei noch kein hinreichendes Kriterium dafür, dass das Verfahren kein “im Wesentlichen biologisches” sei. Menschliches Eingreifen könne auch nur bedeuten, dass das Verfahren kein “rein biologisches” sei, ohne dass der Beitrag des Menschen dabei über ein unbedeutendes Maß hinausginge.
8. Falls diese Auslegung (in der Entscheidung T 83/05 als “traditioneller” Ansatz bezeichnet) noch die richtige wäre, entginge der Gegenstand von Anspruch 1 des Hauptantrags und des Hilfsantrags I des Beschwerdeführers I nach Auffassung der Kammer dem Patentierungsverbot nicht. Die Argumente des Beschwerdeführers I, mit denen er zeigen wollte, dass das beanspruchte Verfahren ein hohes Maß an menschlichem Zutun erfordere, können nichts an der Schlussfolgerung ändern, dass das beanspruchte Verfahren seinem Wesen nach ein “klassisches” Verfahren zur Pflanzenzüchtung ist. Weder die Notwendigkeit einer interspezifischen Kreuzung oder die Wahl eines ungewöhnlichen Selektionskriteriums noch das Vorliegen technischer Schritte wie Wiegen und Trocknen bewirken, dass das beanspruchte Verfahren über die klassische Pflanzenzuchttechnik hinausgeht, bei der sich häufig entsprechende Elemente menschlichen Eingreifens finden.
Mögliche Auswirkungen der Regel 26 (5) EPÜ
9. Der Beschwerdeführer I ist jedoch der Auffassung, dass der in T 320/87 vertretene traditionelle Ansatz angesichts der Auslegungsvorschrift der Regel 26 (5) EPÜ modifiziert werden müsse. Diese Vorschrift wurde als Regel 23b (5) EPÜ 1973 durch den Beschluss des Verwaltungsrats der EPO vom 16. Juni 1999 zur Umsetzung der Richtlinie 98/44/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 6. Juli 1998 über den rechtlichen Schutz biotechnologischer Erfindungen (“Biotechnologierichtlinie”) eingeführt. Der Beschluss trat am 1. September 1999, d. h. vor dem Anmeldetag des Streitpatents (4. Juli 2000), in Kraft. Regel 26 (5) EPÜ hat denselben Wortlaut wie Artikel 2 (2) der Biotechnologierichtlinie und besagt, dass ein Verfahren zur Züchtung von Pflanzen im Wesentlichen biologisch ist, wenn es vollständig auf natürlichen Phänomenen wie Kreuzung oder Selektion beruht.
10. Der Wortlaut der Regel 26 (5) EPÜ ist insofern schwer verständlich, als Kreuzung und Selektion als Beispiele für natürliche Phänomene angeführt werden. Einerseits käme die systematische Kreuzung und Selektion, wie sie bei der traditionellen Pflanzenzüchtung angewendet wird, in der Natur nicht ohne das Zutun des Menschen vor. Andererseits ist kaum vorstellbar, dass die Begriffe “Kreuzung” und “Selektion” in Regel 26 (5) EPÜ so gemeint sind, dass sie sich überhaupt nicht auf Pflanzenzüchtung, sondern nur auf rein natürliche Ereignisse beziehen, die ohne menschliche Kontrolle stattfinden. Dies wäre unvereinbar mit der Formulierung “Verfahren zur Züchtung von Pflanzen” (englische Fassung: “processes for the production of plants”, französische Fassung: “procédés … d’obtention de végétaux”) in Artikel 53 b) EPÜ, die zumindest irgendeine Art menschlichen Zutuns impliziert, und hätte außerdem die widersinnige Konsequenz, dass der Ausschluss auf Gegenstände beschränkt würde, die mangels jeglichen technischen Charakters ohnehin nicht als Erfindung gelten können und deshalb nicht ausdrücklich vom Patentschutz ausgeschlossen zu werden brauchen. Die Tatsache allein, dass ein beanspruchtes Verfahren irgendeine Art von menschlichem Zutun voraussetzt, reicht daher – selbst im Lichte der Regel 26 (5) EPÜ – nicht aus, damit das Verfahren dem Patentierungsverbot entgeht. Entscheidend ist eher, welche Art von menschlichem Zutun nötig ist.
11. Nach Ansicht des Beschwerdeführers I wollte der Gesetzgeber mit Regel 26 (5) EPÜ einige, aber nicht alle Pflanzenzüchtungsverfahren, die aus Schritten der Kreuzung und Selektion bestehen, vom Patentschutz ausschließen. Der Patentierbarkeitsausschluss solle nur greifen, wenn die beanspruchten Schritte Phänomene widerspiegelten oder Phänomenen entsprächen, die in der Natur ohne menschliches Zutun auftreten könnten. Der Beschwerdeführer I brachte zwei spezielle Argumente dafür vor, warum das beanspruchte Verfahren zur zweiten Gruppe gehöre. Zum einen erfordere die interspezifische Kreuzung von L. esculentum mit einer wilden Tomatenart ein gezieltes Eingreifen, um eine ausreichend fruchtbare Nachkommenschaft zu erhalten, und käme in der Natur nicht vor, da Angehörige unterschiedlicher Arten in der Regel nicht zur Kreuzung in der Lage seien. Zum zweiten käme die Selektion nach verringertem Wassergehalt der Früchte, erkennbar an der längeren Konservierung der reifen Frucht und der Faltung der Fruchthaut, in der Natur nicht vor, da Tomaten, die diesen Phänotyp exprimierten, in keiner Umgebung einen evolutionären Vorteil gegenüber Pflanzen hätten, die ihn nicht exprimierten.
12. Würde man der vom Beschwerdeführer I vorgebrachten rechtlichen Auslegung des Artikels 53 b) und der Regel 26 (5) EPÜ folgen, so hielte die Kammer zumindest das erste der beiden oben genannten Argumente für stichhaltig, da sich in der Akte kein Hinweis findet, dass die besagte interspezifische Kreuzung ohne menschliches Zutun möglich ist. Infolgedessen entginge der Gegenstand von Anspruch 1 nach dem Hauptantrag und dem Hilfsantrag I des Beschwerdeführers I dem Patentierungsverbot. Ob die Vorschrift im vorliegenden Fall greift, hängt also von der Bestimmung des richtigen rechtlichen Ansatzes ab. Die Große Beschwerdekammer wird deshalb mit einer entsprechenden Frage 1 befasst.
13. Ergänzend argumentierte der Beschwerdeführer I, dass in Anbetracht von Regel 26 (5) EPÜ ein auf Kreuzung und Selektion beruhendes Verfahren zur Pflanzenzüchtung nicht unter Artikel 53 b) EPÜ falle, wenn es als weiteren Schritt oder als Teil der Schritte der Kreuzung und Selektion ein zusätzliches Merkmal technischer Natur enthalte.
Im vorliegenden Fall müsse der Pflanzenzüchter die Frucht über den Punkt der normalen Reife hinaus auf der Staude belassen und somit von normalen Züchtungsverfahren abweichen, bei denen die Tomatenfrucht in der Regel analysiert werde, wenn sie reif ist. Dies sei ein zusätzlicher technischer Schritt, mit dem die Entscheidung vorbereitet werde, ob die Tomatenfrucht für die Selektion infrage komme. Anspruch 1 des ersten Hilfsantrags beziehe sich außerdem auf die Selektion von Pflanzen mit Tomatenfrüchten, die einen erhöhten Trockengewichtsanteil aufwiesen; dies impliziere einen weiteren technischen Schritt, bei dem die Früchte zunächst frisch gewogen, dann in einem Ofen getrocknet und im getrockneten Zustand erneut gewogen würden.
14. Nach Auffassung der Kammer kann der Schritt, die Früchte über den Punkt der Reife hinaus auf der Staude zu belassen, nicht als technisch angesehen werden, weil er durch ein – wenngleich absichtliches – Fehlen menschlichen Eingreifens gekennzeichnet ist. Sie erkennt allerdings an, dass die Bestimmung des Trockengewichtsanteils von Früchten, einschließlich des Trocknens und Wiegens, ein implizites Merkmal von Anspruch 1 des Hilfsantrags I ist und als solches einen technischen Schritt darstellt. Die Gewährbarkeit dieses Anspruchs hängt somit von der Stichhaltigkeit der ergänzenden Argumentationslinie des Beschwerdeführers I ab, d. h. von der Auffassung, dass ein auf Kreuzung und Selektion beruhendes Pflanzenzüchtungsverfahren dem Ausschluss nach Artikel 53 b) EPÜ entgeht, wenn es als Teil der Schritte der Kreuzung und Selektion ein zusätzliches Merkmal technischer Natur enthält. Der Kammer erscheint es daher angebracht, der Großen Beschwerdekammer die weiteren Fragen 2 und 3 vorzulegen, die den Fragen 1 und 2 der Vorlageentscheidung T 83/05 entsprechen.
15. Beide Parteien haben zusätzliche Vorschläge für eine mögliche Auslegung des Artikels 53 b) EPÜ im Lichte der Regel 26 (5) EPÜ unterbreitet. So argumentierte der Beschwerdeführer I, dass ein Pflanzenzüchtungsverfahren nur dann vom Patentschutz ausgeschlossen werden sollte, wenn sein unmittelbares Erzeugnis eine bestimmte individuelle Pflanzensorte sei. Demgegenüber vertrat die Beschwerdeführerin II die Meinung, dass Regel 26 (5) EPÜ auf biotechnologische Erfindungen im Unterschied zu traditionellen Pflanzenzüchtungsverfahren beschränkt werden sollte. Da die Kammer für keine dieser Auslegungen eine ausreichende Stützung in den Rechtsvorschriften oder in der einschlägigen Rechtsprechung findet, legt sie der Großen Beschwerdekammer keine speziellen diesbezüglichen Fragen vor. Zudem ist Frage 3 weit genug gefasst, sodass die Große Beschwerdekammer die Argumentation der Beschwerdeführer aufgreifen kann, falls sie dies für zweckmäßig hält.
16. Wie oben ausgeführt, betreffen die Vorlagefragen eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung, da sie über die Anwendbarkeit des Verfahrensausschlusses von Artikel 53 b) EPÜ im Lichte der Auslegungsvorschrift der Regel 26 (5) EPÜ entscheiden. Ihre Beantwortung ist für den Ausgang des vorliegenden Falls maßgebend. Die Einspruchsabteilung hat die Verfahrensansprüche 1 bis 14 des Hauptantrags auf keine weiteren Einspruchsgründe hin geprüft. Eine Behandlung dieser Einspruchsgründe (oder eine Zurückverweisung der Angelegenheit an die erste Instanz) scheint deshalb nicht möglich, bevor nicht über den einzigen Grund entschieden wurde, aus dem die Ansprüche für nicht gewährbar befunden wurden.
Ausschluss von Pflanzensorten
17. Bezüglich der Erzeugnisansprüche 15 bis 17 des Hauptantrags regte die Beschwerdeführerin II an, der Großen Beschwerdekammer eine zusätzliche Rechtsfrage den Ausschluss von Pflanzensorten gemäß Artikel 53 b) EPÜ betreffend vorzulegen. Die Große Beschwerdekammer hat sich jedoch bereits in ihrer Entscheidung G 1/98 (ABl. EPA 2000, 111) ausführlich mit der Auslegung dieser Ausschlussbestimmung befasst. Obwohl, wie die Beschwerdeführerin II richtig dargelegt hat, in technologischer Hinsicht ein Unterschied zwischen Pflanzengentechnik und traditioneller Pflanzenzüchtung gemacht werden kann, enthält die Entscheidung doch ausreichende Hinweise für die Prüfung der Erzeugnisansprüche im vorliegenden Fall. Die Große Beschwerdekammer befand insbesondere (Nr. 5.3 der Entscheidungsgründe):
“Wie bereits von der vorlegenden Kammer herausgestellt wurde, spielt es für die Erfordernisse nach dem UPOV-Übereinkommen oder nach der Verordnung über den Sortenschutz keine Rolle, wie eine Pflanzensorte gewonnen wurde. Für die Kriterien der Unterscheidbarkeit, Homogenität und Stabilität und die entsprechende Prüfung ist nicht maßgeblich, ob eine Pflanzensorte das Ergebnis herkömmlicher Züchtungsverfahren ist oder ob eine unterscheidbare pflanzliche Gesamtheit unter Verwendung gentechnischer Verfahren erzeugt wurde. Dies bedeutet, dass der Begriff ‘Pflanzensorte’ unabhängig vom Ursprung der Pflanzensorte zur Bestimmung der Grenze zwischen Patentschutz und Sortenschutz dienen kann.”
In Anbetracht dessen hält die Kammer eine weitere Entscheidung der Großen Beschwerdekammer über den Umfang des Ausschlusses von Pflanzensorten gemäß Artikel 112 (1) a) EPÜ für nicht erforderlich.
ENTSCHEIDUNGSFORMEL
Aus diesen Gründen wird entschieden:
Der Großen Beschwerdekammer werden folgende Rechtsfragen zur Entscheidung vorgelegt:
1. Fällt ein nicht mikrobiologisches Verfahren zur Züchtung von Pflanzen, das aus Schritten der Kreuzung und Selektion von Pflanzen besteht, nur dann unter das Patentierungsverbot des Artikels 53 b) EPÜ, wenn diese Schritte Phänomene widerspiegeln oder Phänomenen entsprechen, die in der Natur ohne menschliches Zutun auftreten könnten?
2. Falls die Frage 1 verneint wird, entgeht ein nicht mikrobiologisches Verfahren zur Züchtung von Pflanzen, das aus Schritten der Kreuzung und Selektion von Pflanzen besteht, dem Patentierungsverbot des Artikels 53 b) EPÜ allein schon deswegen, weil es als Teil eines der Schritte der Kreuzung und Selektion ein zusätzliches Merkmal technischer Natur umfasst?
3. Falls die Frage 2 verneint wird, welches sind die maßgeblichen Unterscheidungskriterien dafür, ob ein nicht mikrobiologisches Verfahren zur Züchtung von Pflanzen nach Artikel 53 b) EPÜ vom Patentschutz ausgeschlossen ist oder nicht? Ist insbesondere maßgebend, worin das Wesen der beanspruchten Erfindung liegt und/oder ob der Beitrag des zusätzlichen technischen Merkmals zur beanspruchten Erfindung über etwas Unwesentliches hinausgeht?